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Samstag, 10. März 2007
Weg ins Paradies
tobi-wan, 01:10h
Er wachte nun schon das dritte Mal hintereinander zu einer Zeit auf, als die Nacht das Haus noch in tiefe Dunkelheit hüllte und nur der Mond ein wenig milchiges Licht in das Zimmer warf.
Die Aufregung in ihm machte es unmöglich, dass er wieder einschlief.
Er probierte es, drehte sich von einer Seite auf die andere, aber es kam ihm vor, als wollte ihn sein Bett nicht mehr. Angesichts des heutigen Ereignisses verwunderte ihn die innere Unruhe keineswegs. Sein Training war lang und hart und zwang ihn zu einigen Opfern. Stand er der Aktion anfangs auch noch ablehnend gegenüber, hatte er sie schon bald verinnerlicht und am Ende der Ausbildung sein ganzes Leben darauf ausgerichtet, nur auf diesen einen Tag. Zumindest glaubte er das in den meisten Momenten. Die wenigen Zweifel, die trotzdem blieben und manchmal, ganz unerwartet und vor allem unerwünscht auftauchten, konnte er kontrollieren.
Dabei half ihm besonders die in Aussicht gestellte Belohnung.
Er würde in aller Frühe aufbrechen, ohne seine Eltern zu wecken, denn sie hatten ihm schon gestern alles Gute gewünscht. Am heutigen Tag bekam er die Chance, sie Stolz zu machen.
Ein wenig waren sie das ohnehin schon, schließlich galt er als hervorragender Schüler,
in der Nachbarschaft schätzte man ihn als hilfsbereiten Jungen, und jeder, der ihn kannte, lobte sein zurückhaltend-charmantes Auftreten.
Ihm war das bewusst, doch ausnutzen würde er es nie.
Er blickte aus dem Fenster, hinein in den leuchtenden Vollmond, und hoffte, dass seine Zweifel in den nächsten Stunden nicht zurückkehren würden.
So saß er da, abwechselnd betend und denkend, bis der Mond von einer langsam aufgehenden Sonne verdrängt wurde.
Dann stand er auf, nahm seinen Rucksack, und verließ ohne zurückzublicken das Haus. Sein Weg führte ihn Richtung Innenstadt, zu einer Bushaltestelle.
Als er sein Dorf fast hinter sich gelassen hatte, hörte er in einiger Entfernung eine Stimme, die seinen Namen rief.
Er wusste, wem sie gehörte, und deshalb entschied er sich, stehen zu bleiben.
Wenige Sekunden später stand das Mädchen, dessen Stimme seinen Namen so eindringlich gerufen hatte, keuchend vor ihm.
„Willst Du einfach gehen, ohne Dich zu verabschieden?“
Er sah sie nicht an.
„Dachte, ich hätte es gestern getan.“
Ihre Stimme wurde energischer.
„Ok, davon habe ich wohl nichts mitbekommen.“
Auf seinem Gesicht zeichnete sich nun ein entschuldigendes Lächeln ab.
„Das tut mir Leid. Aber weißt Du, es ist nicht so, dass wir uns nie wiedersehen werden.“
Sie trat jetzt ein wenig näher an ihn heran.
„Du musst nicht tun, was Du vorhast. Glaube mir bitte, es gibt andere Möglichkeiten, es gibt immer andere Möglichkeiten.“
Sein Lächeln verschwand, der Blick wurde härter.
„Nein, manchmal nicht. Du verstehst das nicht, aber ich mache Dir deswegen keinen Vorwurf.“
Mit diesen Worten drehte er sich um und ließ sie stehen. Es fiel ihm nicht leicht, weil er sie mochte, aber er wollte nicht, dass sie wieder die verhassten Zweifel in ihm weckte.
Nachdem er endlich die Bushaltestelle erreicht hatte, stellte er sich direkt neben das Haltestellenschild und wartete. Mit der Zeit füllte sich der Platz neben ihm mit Menschen.
Er konnte froh sein, wenn er noch einen Sitzplatz bekam.
„Habe ich etwas mit diesem Leuten gemeinsam, außer, dass wir alle in den selben Bus möchten?“
Als der Bus kam, wollte er als erster einsteigen. Doch ein kleines Mädchen, welches die Busfahrt wohl gar nicht mehr erwarten konnte, drängelte sich vor ihn und stieß ihm dabei gegen sein Bein. Die Mutter folge ihr und entschuldigte sich sofort leicht verlegen für ihre kleine Tochter.
„Das macht doch nichts“, entgegnete er lächelnd,
„ich bin in dem Alter auch am liebsten Bus gefahren.“
Er setzte sich auf einen Platz am Fenster, wohl um noch ein wenig die aufwachende Stadt zu beobachten. Die Menschen außerhalb des Busses gingen weiter ihrem Tagesgeschäft nach, für ihn wirkte es ziellos, so vollkommen ohne Sinn.
„Ich kann mich glücklich schätzen, meinem Leben eine Richtung gegeben zu haben.“
Als er zurück in den Bus schaute, bemerkte er das kleine Mädchen, welches ihn eben angerempelt hatte und nun auf dem Platz direkt gegenüber saß.
Ihre kleinen Hände umklammerten ein Buch, auf dessen Vorderseite
„Die schönsten Märchen für Kinder“ stand.
Es erinnerte ihn dunkel daran, wie er früher auch ein paar von ihnen gelesen hatte, doch gefallen haben ihm immer nur die mit Happy End.
Die großen, interessierten Augen des kleinen Mädchens rissen ihn aus seinen Gedanken, in dem sie ihn unaufhörlich anblickten.
Je länger sie das taten, desto mehr kamen seine Zweifel zurück.
Es gab nichts, vor dem er sich mehr fürchtete und er wusste, dass die Zeit zum Handeln gekommen war.
Sie stellte den Fernseher ab und setzte sich auf die Couch.
Eine Träne lief ihr über das Gesicht, doch sie wischte sie nicht weg, denn schließlich war sie alleine in der Wohnung.
In den Nachrichten hatten sie wieder von der Explosion eines Busses in der Innenstadt berichtet, bei dem alle Fahrgäste umkamen.
Die genauen Ursachen waren noch ungeklärt, aber die Behörden gingen von einem Selbstmordanschlag aus.
Sie dachte, dass sie sich an die Fernsehbilder mit dem ganzen Chaos der umherlaufenden Rettungsleute, dem Blut und den zerfetzten Leichen gewöhnt hatte, zumal ihr die Bilder nicht nur aus dem Fernsehen, sondern auch aus ihrem Alltag vertraut waren.
Aber dieses Mal war es irgendwie persönlicher, näher und echter.
Trotzdem ließ sie ein wenig Hoffnung zu, gerade soviel, um nicht vollkommen zu verzweifeln. Und obwohl sie wusste, wie irrational sie sich damit verhielt, wollte sie ihre Hoffnung erst aufgeben, wenn er bis morgen nicht zurückgekehrt sein würde.
„Hoffentlich haben Deine Zweifel dafür gesorgt, dass Du Dich richtig entschieden hast.
Hoffentlich hast Du nie aufgehört zu zweifeln.“
Die Aufregung in ihm machte es unmöglich, dass er wieder einschlief.
Er probierte es, drehte sich von einer Seite auf die andere, aber es kam ihm vor, als wollte ihn sein Bett nicht mehr. Angesichts des heutigen Ereignisses verwunderte ihn die innere Unruhe keineswegs. Sein Training war lang und hart und zwang ihn zu einigen Opfern. Stand er der Aktion anfangs auch noch ablehnend gegenüber, hatte er sie schon bald verinnerlicht und am Ende der Ausbildung sein ganzes Leben darauf ausgerichtet, nur auf diesen einen Tag. Zumindest glaubte er das in den meisten Momenten. Die wenigen Zweifel, die trotzdem blieben und manchmal, ganz unerwartet und vor allem unerwünscht auftauchten, konnte er kontrollieren.
Dabei half ihm besonders die in Aussicht gestellte Belohnung.
Er würde in aller Frühe aufbrechen, ohne seine Eltern zu wecken, denn sie hatten ihm schon gestern alles Gute gewünscht. Am heutigen Tag bekam er die Chance, sie Stolz zu machen.
Ein wenig waren sie das ohnehin schon, schließlich galt er als hervorragender Schüler,
in der Nachbarschaft schätzte man ihn als hilfsbereiten Jungen, und jeder, der ihn kannte, lobte sein zurückhaltend-charmantes Auftreten.
Ihm war das bewusst, doch ausnutzen würde er es nie.
Er blickte aus dem Fenster, hinein in den leuchtenden Vollmond, und hoffte, dass seine Zweifel in den nächsten Stunden nicht zurückkehren würden.
So saß er da, abwechselnd betend und denkend, bis der Mond von einer langsam aufgehenden Sonne verdrängt wurde.
Dann stand er auf, nahm seinen Rucksack, und verließ ohne zurückzublicken das Haus. Sein Weg führte ihn Richtung Innenstadt, zu einer Bushaltestelle.
Als er sein Dorf fast hinter sich gelassen hatte, hörte er in einiger Entfernung eine Stimme, die seinen Namen rief.
Er wusste, wem sie gehörte, und deshalb entschied er sich, stehen zu bleiben.
Wenige Sekunden später stand das Mädchen, dessen Stimme seinen Namen so eindringlich gerufen hatte, keuchend vor ihm.
„Willst Du einfach gehen, ohne Dich zu verabschieden?“
Er sah sie nicht an.
„Dachte, ich hätte es gestern getan.“
Ihre Stimme wurde energischer.
„Ok, davon habe ich wohl nichts mitbekommen.“
Auf seinem Gesicht zeichnete sich nun ein entschuldigendes Lächeln ab.
„Das tut mir Leid. Aber weißt Du, es ist nicht so, dass wir uns nie wiedersehen werden.“
Sie trat jetzt ein wenig näher an ihn heran.
„Du musst nicht tun, was Du vorhast. Glaube mir bitte, es gibt andere Möglichkeiten, es gibt immer andere Möglichkeiten.“
Sein Lächeln verschwand, der Blick wurde härter.
„Nein, manchmal nicht. Du verstehst das nicht, aber ich mache Dir deswegen keinen Vorwurf.“
Mit diesen Worten drehte er sich um und ließ sie stehen. Es fiel ihm nicht leicht, weil er sie mochte, aber er wollte nicht, dass sie wieder die verhassten Zweifel in ihm weckte.
Nachdem er endlich die Bushaltestelle erreicht hatte, stellte er sich direkt neben das Haltestellenschild und wartete. Mit der Zeit füllte sich der Platz neben ihm mit Menschen.
Er konnte froh sein, wenn er noch einen Sitzplatz bekam.
„Habe ich etwas mit diesem Leuten gemeinsam, außer, dass wir alle in den selben Bus möchten?“
Als der Bus kam, wollte er als erster einsteigen. Doch ein kleines Mädchen, welches die Busfahrt wohl gar nicht mehr erwarten konnte, drängelte sich vor ihn und stieß ihm dabei gegen sein Bein. Die Mutter folge ihr und entschuldigte sich sofort leicht verlegen für ihre kleine Tochter.
„Das macht doch nichts“, entgegnete er lächelnd,
„ich bin in dem Alter auch am liebsten Bus gefahren.“
Er setzte sich auf einen Platz am Fenster, wohl um noch ein wenig die aufwachende Stadt zu beobachten. Die Menschen außerhalb des Busses gingen weiter ihrem Tagesgeschäft nach, für ihn wirkte es ziellos, so vollkommen ohne Sinn.
„Ich kann mich glücklich schätzen, meinem Leben eine Richtung gegeben zu haben.“
Als er zurück in den Bus schaute, bemerkte er das kleine Mädchen, welches ihn eben angerempelt hatte und nun auf dem Platz direkt gegenüber saß.
Ihre kleinen Hände umklammerten ein Buch, auf dessen Vorderseite
„Die schönsten Märchen für Kinder“ stand.
Es erinnerte ihn dunkel daran, wie er früher auch ein paar von ihnen gelesen hatte, doch gefallen haben ihm immer nur die mit Happy End.
Die großen, interessierten Augen des kleinen Mädchens rissen ihn aus seinen Gedanken, in dem sie ihn unaufhörlich anblickten.
Je länger sie das taten, desto mehr kamen seine Zweifel zurück.
Es gab nichts, vor dem er sich mehr fürchtete und er wusste, dass die Zeit zum Handeln gekommen war.
Sie stellte den Fernseher ab und setzte sich auf die Couch.
Eine Träne lief ihr über das Gesicht, doch sie wischte sie nicht weg, denn schließlich war sie alleine in der Wohnung.
In den Nachrichten hatten sie wieder von der Explosion eines Busses in der Innenstadt berichtet, bei dem alle Fahrgäste umkamen.
Die genauen Ursachen waren noch ungeklärt, aber die Behörden gingen von einem Selbstmordanschlag aus.
Sie dachte, dass sie sich an die Fernsehbilder mit dem ganzen Chaos der umherlaufenden Rettungsleute, dem Blut und den zerfetzten Leichen gewöhnt hatte, zumal ihr die Bilder nicht nur aus dem Fernsehen, sondern auch aus ihrem Alltag vertraut waren.
Aber dieses Mal war es irgendwie persönlicher, näher und echter.
Trotzdem ließ sie ein wenig Hoffnung zu, gerade soviel, um nicht vollkommen zu verzweifeln. Und obwohl sie wusste, wie irrational sie sich damit verhielt, wollte sie ihre Hoffnung erst aufgeben, wenn er bis morgen nicht zurückgekehrt sein würde.
„Hoffentlich haben Deine Zweifel dafür gesorgt, dass Du Dich richtig entschieden hast.
Hoffentlich hast Du nie aufgehört zu zweifeln.“
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