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Dienstag, 31. Juli 2007
Ein Jahr Sommerpause
tobi-wan, 02:00h
Es war einmal, vor 365 Tagen…
Der Sommer verabschiedet sich mit Regen und Kälte.
Was er zurücklässt, ist Langeweile.
Irgendwas musst Du doch machen, am besten etwas kreatives, bei dem der Kopf eingeschaltet werden kann (gar nicht so leicht, nach drei Wochen Strandurlaub).
Zeit wird es ja wieder, und schließlich beginnt bald auch das Studium. Da wäre es nicht schlecht, wenn Deine Rübe zu mehr in der Lage ist, als Dir den Weg vom Strand nachhause zu weisen (wobei es sicherlich Studenten gibt, die diese These sofort widerlegen könnten). Ok, das Ziel lautet: Denken.
Am besten geht das bei Dir, wenn Du Deine Gedanken zu Papier bringst. Zugegeben, Papier ist out, also besser tippen.
Und dann?
Den ganzen Kram auf einer Festplatte versauern lassen?
Wie machen das andere denn?
Aha, sie stellen ihre schriftlichen Ergüsse online, in sogenannten Blogs, sodass sie jeder lesen kann, wenn er dazu Lust und Zeit hat (und einen Internetanschluss, aber wer lebt heutzutage noch offline?).
Soll ich so etwas auch machen?
Nee, wer will meinen Kram schon lesen?
Eigentlich egal, denn so können es zumindest mehr Leute, als wenn er auf Deiner Festplatte bliebe (Herr Schäuble will dies bald ändern…).
In Ordnung, also auf zu blogger.de.
Worum soll´s im ersten Blog gehen?
Na darum, wodurch das Ganze überhaupt entstanden ist:
Die Sommerpause.
Mist, ich wollte doch nur den ersten Eintrag „Sommerpause“ nennen, jetzt heißt plötzlich der ganze Blog so.
Egal, irgendwie passt dieser Titel doch recht gut.
Sommerpause, das klingt nach der Abkehr vom lockeren Leben, hin zu einem Bewusstsein für seine zahlreichen Schattenseiten.
Folgt daraus jetzt ein tagtägliches Gejammer über die Ungerechtigkeit der Welt?
Hoffentlich nicht.
Aber bestimmt auch kein Blick durch die rosarote Brille, denn die habe ich schon lange weggeschmissen (und setze sie nur selten wieder auf).
Wie ist die also beschaffen, die Welt in der wir leben?
Keine Ahnung.
Aber immerhin kann ich nun gelegentlich ausdrücken, wie sie auf mich wirkt.
Weißt Du was?
Das ganze könnte wirklich Spaß machen.
Und vielleicht interessiert es ja doch den einen oder anderen.
Der Sommer verabschiedet sich mit Regen und Kälte.
Was er zurücklässt, ist Langeweile.
Irgendwas musst Du doch machen, am besten etwas kreatives, bei dem der Kopf eingeschaltet werden kann (gar nicht so leicht, nach drei Wochen Strandurlaub).
Zeit wird es ja wieder, und schließlich beginnt bald auch das Studium. Da wäre es nicht schlecht, wenn Deine Rübe zu mehr in der Lage ist, als Dir den Weg vom Strand nachhause zu weisen (wobei es sicherlich Studenten gibt, die diese These sofort widerlegen könnten). Ok, das Ziel lautet: Denken.
Am besten geht das bei Dir, wenn Du Deine Gedanken zu Papier bringst. Zugegeben, Papier ist out, also besser tippen.
Und dann?
Den ganzen Kram auf einer Festplatte versauern lassen?
Wie machen das andere denn?
Aha, sie stellen ihre schriftlichen Ergüsse online, in sogenannten Blogs, sodass sie jeder lesen kann, wenn er dazu Lust und Zeit hat (und einen Internetanschluss, aber wer lebt heutzutage noch offline?).
Soll ich so etwas auch machen?
Nee, wer will meinen Kram schon lesen?
Eigentlich egal, denn so können es zumindest mehr Leute, als wenn er auf Deiner Festplatte bliebe (Herr Schäuble will dies bald ändern…).
In Ordnung, also auf zu blogger.de.
Worum soll´s im ersten Blog gehen?
Na darum, wodurch das Ganze überhaupt entstanden ist:
Die Sommerpause.
Mist, ich wollte doch nur den ersten Eintrag „Sommerpause“ nennen, jetzt heißt plötzlich der ganze Blog so.
Egal, irgendwie passt dieser Titel doch recht gut.
Sommerpause, das klingt nach der Abkehr vom lockeren Leben, hin zu einem Bewusstsein für seine zahlreichen Schattenseiten.
Folgt daraus jetzt ein tagtägliches Gejammer über die Ungerechtigkeit der Welt?
Hoffentlich nicht.
Aber bestimmt auch kein Blick durch die rosarote Brille, denn die habe ich schon lange weggeschmissen (und setze sie nur selten wieder auf).
Wie ist die also beschaffen, die Welt in der wir leben?
Keine Ahnung.
Aber immerhin kann ich nun gelegentlich ausdrücken, wie sie auf mich wirkt.
Weißt Du was?
Das ganze könnte wirklich Spaß machen.
Und vielleicht interessiert es ja doch den einen oder anderen.
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Freitag, 13. Juli 2007
Auf nach Panama - Teil 6
tobi-wan, 13:41h
Eine Geschichte ist vorüber, sobald die letzte Seite eines Buches erreicht ist oder der Abspann über die Leinwand flimmert. Jetzt erst kannst Du Dir sicher sein, dass keine weiteren Wendungen mehr folgen. Der Punkt ist erreicht, an dem die Charaktere, die Du vielleicht lieb gewonnen hast, bewunderst oder mit Verachtung strafst, Deiner Beobachtung entzogen werden. Manchmal, mittlerweile eher regelmäßig, gibt es zwar später noch eine Fortsetzung, aber die ist nur dann gut, wenn die vorherigen Teile doch noch nicht richtig zu einem Ende gefunden haben.
Gibt es dieses Ende auch im echten Leben, also in Deinem eigenen? Für einen Moment habe ich das wirklich geglaubt.
Ich stand an einem der zahlreichen Strände von Panama (fragt mich nicht nach dem Namen, den werde ich mir nie merken können), barfuß, denn nur das Gefühl mit den Füßen im Sand zu versinken ermöglichte mir, wirklich zu begreifen, dass wir endlich in Panama angekommen waren. Neben mir Arne, der noch nie so klare Gedanken fassen konnte wie in diesen Minuten. Er ließ zu, dass die Umgebung auf ihn einwirken durfte und in ihm Empfindungen auslöste, die er schon viele Jahre unterdrückte. Aber hier waren wir beide trotzdem nur Nebenfiguren, bloße Beobachter. Die Hauptperson stand einige Meter weiter vorne, ihre Füße vom Meer umspült. Es war die Frau, wegen der wir die Urne unserer Mutter bis an einen Strand nach Panama getragen haben. Auch ihren Namen konnte ich mir weder lange merken noch richtig aussprechen, aber das spielt auch keine Rolle. Hat Mama Arne belogen, indem sie ihm erzählte, dass sie sich in Panama in einen Fischer verliebt hatte? Nein, denn sie nannte diese Person immer nur bei ihrem Namen, und Arne ist einfach nie auf die Idee gekommen, dass es sich dabei um eine Frau, eine Fischerin, handelte. Aber auch das spielt keine Rolle. Klar, verwundert waren wir allemal, als sich die Tür der kleinen Fischerhütte am Stand öffnete und sich uns eine alte Frau, deren lange schwarze Haare ihr bis ins Knie reichten, unter dem Namen vorstellte, den Arne die ganze Zeit über einem Fischer zugeordnet hatte. Doch jeder Irrtum war ausgeschlossen, was nicht alleine daran lag, dass Arne ihr unser Vorhaben schon lange per Brief mitgeteilt hatte. Es genügte ein einziger Blick in das von harter Arbeit geprägte Gesicht der alten Frau, um ihre ehrliche Freunde zu sehen. Da machte es auch nichts, dass wir in den folgenden Tagen nie viel von dem verstanden, was sie sagte. Das galt auch für das Lied, welches sie sang, als sie vor uns im Wasser stand und die Asche aus der Urne ins Meer fallen ließ.
Es hörte sich einfach wunderschön an, dem Augenblick angemessen, nur wegen seiner Melodie und der Stimme. Glaubt jetzt aber bloß nicht, wir hätten bei Mamas Beerdigung nur in stiller Rührung aufs Wasser geguckt. Nein, das wäre nicht in ihrem Sinn gewesen.
So konnte ich anschließend beim nächtlichen Lagerfeuer endlich eine Erfahrung machen, die ich für unmöglich hielt: Kiffen geht auch ohne anschließendes Übergeben, es kommt einzig und alleine auf die richtige Mischung an! Und selbst Arne wusste zu überraschen:
Er meisterte den einheimischen Fruchtbarkeitstanz (so nenne ich den jetzt einfach, weil er so aussah) in vollkommener Nüchternheit. Viele Stunden später lagen wir drei dann im Sand, als Arne mir eine Frage stellte, dich ich während der letzten Tage fast vollkommen vergessen hatte, obwohl ich mich doch wegen ihr überhaupt erst auf den Weg nach Panama gemachte habe.
„Spricht sie wieder mit Dir, Deine innere Stimme?“
Ich musste eine ganze Weile überlegen, was sicherlich nicht zuletzt an der Wirkung von Panamas bestem Marihuana lag.
Die letzten Tage zogen im Geiste an mir vorbei und mir wurde klar, dass meine innere Stimme während dieser Zeit zwei Mal mit mir gesprochen hatte:
Das erste Mal, als ich auf dem Klo hockte und den Entschluss fasste, meinen Chef mit der brutalen Wahrheit meiner vollständigen und über zu viele Jahre angestauten Verachtung zu konfrontieren (ich beschloss dann, ihm eine Postkarte aus Panama zu schicken…).
Zum zweiten Mal geschah es in dem Moment, indem mein Bruder und ich einer alten glücklichen Frau dabei zusahen, wie sie die Asche der Liebe ihres Lebens ins Meer von Panama schüttete. Da sagte meine innere Stimme etwas, von dem ich mich nicht mehr erinnern kann, es in dieser Form schon mal gehört zu haben:
„Du kannst zufrieden sein mit allem, was Du in den letzten Tagen gemacht und erreicht hast.“
Ich weiß, dass meine innere Stimme mir in Zukunft noch mehr zu sagen hat. Damit ich sie auch höre, werde ich ihr mehr Zeit geben, mit mir zu sprechen. Das selbe gilt für Arne, denn ich glaube, dass ich von ihm eine Menge lernen kann. Für Euch mag meine Geschichte jetzt zu Ende sein, für mich ist sie es noch lange nicht.
Ja, ich bin endlich in Panama angekommen, aber meine Reise hat gerade erst begonnen.
Gibt es dieses Ende auch im echten Leben, also in Deinem eigenen? Für einen Moment habe ich das wirklich geglaubt.
Ich stand an einem der zahlreichen Strände von Panama (fragt mich nicht nach dem Namen, den werde ich mir nie merken können), barfuß, denn nur das Gefühl mit den Füßen im Sand zu versinken ermöglichte mir, wirklich zu begreifen, dass wir endlich in Panama angekommen waren. Neben mir Arne, der noch nie so klare Gedanken fassen konnte wie in diesen Minuten. Er ließ zu, dass die Umgebung auf ihn einwirken durfte und in ihm Empfindungen auslöste, die er schon viele Jahre unterdrückte. Aber hier waren wir beide trotzdem nur Nebenfiguren, bloße Beobachter. Die Hauptperson stand einige Meter weiter vorne, ihre Füße vom Meer umspült. Es war die Frau, wegen der wir die Urne unserer Mutter bis an einen Strand nach Panama getragen haben. Auch ihren Namen konnte ich mir weder lange merken noch richtig aussprechen, aber das spielt auch keine Rolle. Hat Mama Arne belogen, indem sie ihm erzählte, dass sie sich in Panama in einen Fischer verliebt hatte? Nein, denn sie nannte diese Person immer nur bei ihrem Namen, und Arne ist einfach nie auf die Idee gekommen, dass es sich dabei um eine Frau, eine Fischerin, handelte. Aber auch das spielt keine Rolle. Klar, verwundert waren wir allemal, als sich die Tür der kleinen Fischerhütte am Stand öffnete und sich uns eine alte Frau, deren lange schwarze Haare ihr bis ins Knie reichten, unter dem Namen vorstellte, den Arne die ganze Zeit über einem Fischer zugeordnet hatte. Doch jeder Irrtum war ausgeschlossen, was nicht alleine daran lag, dass Arne ihr unser Vorhaben schon lange per Brief mitgeteilt hatte. Es genügte ein einziger Blick in das von harter Arbeit geprägte Gesicht der alten Frau, um ihre ehrliche Freunde zu sehen. Da machte es auch nichts, dass wir in den folgenden Tagen nie viel von dem verstanden, was sie sagte. Das galt auch für das Lied, welches sie sang, als sie vor uns im Wasser stand und die Asche aus der Urne ins Meer fallen ließ.
Es hörte sich einfach wunderschön an, dem Augenblick angemessen, nur wegen seiner Melodie und der Stimme. Glaubt jetzt aber bloß nicht, wir hätten bei Mamas Beerdigung nur in stiller Rührung aufs Wasser geguckt. Nein, das wäre nicht in ihrem Sinn gewesen.
So konnte ich anschließend beim nächtlichen Lagerfeuer endlich eine Erfahrung machen, die ich für unmöglich hielt: Kiffen geht auch ohne anschließendes Übergeben, es kommt einzig und alleine auf die richtige Mischung an! Und selbst Arne wusste zu überraschen:
Er meisterte den einheimischen Fruchtbarkeitstanz (so nenne ich den jetzt einfach, weil er so aussah) in vollkommener Nüchternheit. Viele Stunden später lagen wir drei dann im Sand, als Arne mir eine Frage stellte, dich ich während der letzten Tage fast vollkommen vergessen hatte, obwohl ich mich doch wegen ihr überhaupt erst auf den Weg nach Panama gemachte habe.
„Spricht sie wieder mit Dir, Deine innere Stimme?“
Ich musste eine ganze Weile überlegen, was sicherlich nicht zuletzt an der Wirkung von Panamas bestem Marihuana lag.
Die letzten Tage zogen im Geiste an mir vorbei und mir wurde klar, dass meine innere Stimme während dieser Zeit zwei Mal mit mir gesprochen hatte:
Das erste Mal, als ich auf dem Klo hockte und den Entschluss fasste, meinen Chef mit der brutalen Wahrheit meiner vollständigen und über zu viele Jahre angestauten Verachtung zu konfrontieren (ich beschloss dann, ihm eine Postkarte aus Panama zu schicken…).
Zum zweiten Mal geschah es in dem Moment, indem mein Bruder und ich einer alten glücklichen Frau dabei zusahen, wie sie die Asche der Liebe ihres Lebens ins Meer von Panama schüttete. Da sagte meine innere Stimme etwas, von dem ich mich nicht mehr erinnern kann, es in dieser Form schon mal gehört zu haben:
„Du kannst zufrieden sein mit allem, was Du in den letzten Tagen gemacht und erreicht hast.“
Ich weiß, dass meine innere Stimme mir in Zukunft noch mehr zu sagen hat. Damit ich sie auch höre, werde ich ihr mehr Zeit geben, mit mir zu sprechen. Das selbe gilt für Arne, denn ich glaube, dass ich von ihm eine Menge lernen kann. Für Euch mag meine Geschichte jetzt zu Ende sein, für mich ist sie es noch lange nicht.
Ja, ich bin endlich in Panama angekommen, aber meine Reise hat gerade erst begonnen.
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Freitag, 6. Juli 2007
Auf nach Panama - Teil 5
tobi-wan, 17:13h
Wenn man verliebt ist, spielt es da eine Rolle, wo man sich befindet? Ob dabei die Sonne scheint, den ganzen Tag, sodass der Sand am Strand auch abends noch warm ist? Kommt es nicht viel mehr auf die Person an, mit der man im Sand liegt? Der man ins Gesicht blickt, wissend, wie sehr sich der weite Weg gelohnt hat, zu ihr an den Strand, nach Panama.
„Wenn Du hier bist, sind mir die Palmen egal, der weiße Sand, die Sonne.“
Hört sich das jetzt für Dich kitschig an?
Wenn ja, dann liegt es wohl daran, dass Du gerade nicht verliebt bist. Ich kann Dich verstehen. Eigentlich war ich nur einmal wirklich verliebt. Hat aber nicht viel Spaß gemacht, weil ich so gar nicht in ihr Beuteschema passte. Man macht sich dann etwas vor und sucht Hoffnung, wo keine ist (wie immer im Leben). Du kennst das.
Unsere Mutter war auch verliebt. Ebenfalls nur einmal, wie sie immer wieder betonte.
Verliebt in Panama. Nicht in das Land, sondern in einen ihrer Bewohner.
Sie lernte ihn kennen, als sie ihr Weg während des Studiums in dieses ferne und so unbekannte Land verschlug. Reichtum konnte er ihr als Fischer keinen bieten. Wurde sie gefragt, warum sie sich in ihn verliebte, dann antwortete sie stets:
Weil er auch noch an mich denken wird, wenn ich längst wieder zuhause bin.
Und so kam es dann auch. Meine Mutter, Natalie, musste wieder heim.
Vorbei waren sie, die Abende am Strand. Sie boten mit der Aussicht auf das ruhige Meer die richtige Kulisse für Dinge, die verliebte tun möchten.
Das Studium rief, oder besser gesagt:
Die Verpflichtungen.
Hätte sie auf ihr Herz gehört, wäre sie bei ihm am Strand geblieben.
Dort, wo die Sonne…Sagt mal, geht Euch dieses Geschnulze gerade so auf den Sack wie mir?
Ist ja kaum zu ertragen. Aber mein Bruder hat es genau so erzählt. Und das, obwohl seine Augen (und des Öfteren auch Hände) an Mr. Big klebten.
Ich wusste kaum, was schlimmer war:
Ein Mr. Big mit immer weniger Klamotten (er startete seine Show in Polizei-Uniform, wie originell), oder die Erzählung von Arne. Nur einmal unterbrach er sie, und zwar als Mister Big die letzte Hülle fallen ließ. Der Moment also, vor dem mir Angst und Bange war (beruhigt kann ich feststellen: Ich hatte mit etwas größerem gerechnet…).
Arnes Reaktion zu beschreiben fällt nicht leicht. Unglaube zeigte sich in seinem Blick, das leichte Zurücknehmen des Kopfes signalisierte gar Enttäuschung. Plötzlich sprang er auf, brüllte „Fuck“ und verließ den Raum. Dumm, dass ich nun mit Mr. Big alleine zurückblieb. Ich denke, er empfand das Verhalten meines Bruders als persönliche Beleidigung. Jedenfalls sagte er kein Wort mehr, sondern schritt nur schmollend davon. Später bin ich zu meinem Bruder gegangen, um mit ihm über seinen denkwürdigen Abgang zu reden.
Er saß einsam im Auto und dachte intensiv nach. Wie immer bei solchen Gesprächen, bei denen es um Gefühle geht (und Männer reden), fiel mir der Einstieg schwer. Wie sollte ich auch anfangen?
„Tut mir Leid, dass Mr. Big nicht halten konnte, was er versprochen hat???“.
Glücklicherweise kam mir Arne zuvor.
„Ich dachte, dass es bei ihm echt klappen könnte.“
Meine Verwirrung begann zu wachsen.
„Ihr kanntet euch vorher? Hattest Du Gefühle für ihn?“
Arne nahm einen tiefen Zug, und mir wurde wieder schlecht.
Ich musste an das Mädchen denken, dem ich damals ins Gesicht gekotzt hatte.
„Alter, ich bin nicht schwul. Aber ich dachte, ich könnte es werden.“
Nun wusste ich endgültig keine Antwort mehr.
Also machte Arne weiter.
„Bruder, ich sag` Dir jetzt mal was: Ich kannte noch keine Frau, die es wirklich verdient hatte, mich zu besitzen. Einer Schlampe folgte die nächste, die eine schlimmer als die andere. Sobald ich mir sicher sein konnte, dass ich endlich bei der richtigen gelandet war, ließ sie ihre Maske fallen und ich starrte direkt in ihr abschreckendes Gesicht. Da gibt’s nur eine Lösung: Wechsle das Geschlecht Deines Interesses!“
Nun verstand ich den Plan meines Bruders und hielt ihn –zumindest von der Idee her- für gar nicht so blöd.
Arne fuhr fort.
„Dummerweise kommst Du nicht gegen bestimmte Dinge an, die in Deiner Natur festgelegt sind, da kannst Du noch so lange auf nackte Männerkörper starren. Ich bin an das weibliche Geschlecht gebunden, und ich hasse das. Früher oder später verliebst Du Dich wieder, und dann können sie mit Dir machen, was sie wollen.
Verstehst Du, die Frauen wissen einfach, wie sie das ausnutzen können. Seit Eva damals den verbotenen Apfel gegessen hat, haben uns die Weiber in der Summe mehr Ärger gemacht, als sie uns genützt haben…“
Arne philosophierte noch lange weiter, aber meine Gedanken schweiften ab. Mama war also nur einmal im Leben richtig verliebt gewesen, und zwar in einen Mann, den sie in Panama kennengelernt hatte. Langsam begann ich zu begreifen, wie die Urne in Arnes Kofferraum mit unserer Reise nach Panama zusammenpasste. Mein Bruder hatte vor, sie bei dem Menschen zu beerdigen, für den sie immer nach Panama zurückkehren wollte, wenn ihre Lebensumstände es nicht verhindert hätten. So schlecht seine Meinung von Frauen auch war, von der Liebe schien er doch noch einiges zu halten…
„Wenn Du hier bist, sind mir die Palmen egal, der weiße Sand, die Sonne.“
Hört sich das jetzt für Dich kitschig an?
Wenn ja, dann liegt es wohl daran, dass Du gerade nicht verliebt bist. Ich kann Dich verstehen. Eigentlich war ich nur einmal wirklich verliebt. Hat aber nicht viel Spaß gemacht, weil ich so gar nicht in ihr Beuteschema passte. Man macht sich dann etwas vor und sucht Hoffnung, wo keine ist (wie immer im Leben). Du kennst das.
Unsere Mutter war auch verliebt. Ebenfalls nur einmal, wie sie immer wieder betonte.
Verliebt in Panama. Nicht in das Land, sondern in einen ihrer Bewohner.
Sie lernte ihn kennen, als sie ihr Weg während des Studiums in dieses ferne und so unbekannte Land verschlug. Reichtum konnte er ihr als Fischer keinen bieten. Wurde sie gefragt, warum sie sich in ihn verliebte, dann antwortete sie stets:
Weil er auch noch an mich denken wird, wenn ich längst wieder zuhause bin.
Und so kam es dann auch. Meine Mutter, Natalie, musste wieder heim.
Vorbei waren sie, die Abende am Strand. Sie boten mit der Aussicht auf das ruhige Meer die richtige Kulisse für Dinge, die verliebte tun möchten.
Das Studium rief, oder besser gesagt:
Die Verpflichtungen.
Hätte sie auf ihr Herz gehört, wäre sie bei ihm am Strand geblieben.
Dort, wo die Sonne…Sagt mal, geht Euch dieses Geschnulze gerade so auf den Sack wie mir?
Ist ja kaum zu ertragen. Aber mein Bruder hat es genau so erzählt. Und das, obwohl seine Augen (und des Öfteren auch Hände) an Mr. Big klebten.
Ich wusste kaum, was schlimmer war:
Ein Mr. Big mit immer weniger Klamotten (er startete seine Show in Polizei-Uniform, wie originell), oder die Erzählung von Arne. Nur einmal unterbrach er sie, und zwar als Mister Big die letzte Hülle fallen ließ. Der Moment also, vor dem mir Angst und Bange war (beruhigt kann ich feststellen: Ich hatte mit etwas größerem gerechnet…).
Arnes Reaktion zu beschreiben fällt nicht leicht. Unglaube zeigte sich in seinem Blick, das leichte Zurücknehmen des Kopfes signalisierte gar Enttäuschung. Plötzlich sprang er auf, brüllte „Fuck“ und verließ den Raum. Dumm, dass ich nun mit Mr. Big alleine zurückblieb. Ich denke, er empfand das Verhalten meines Bruders als persönliche Beleidigung. Jedenfalls sagte er kein Wort mehr, sondern schritt nur schmollend davon. Später bin ich zu meinem Bruder gegangen, um mit ihm über seinen denkwürdigen Abgang zu reden.
Er saß einsam im Auto und dachte intensiv nach. Wie immer bei solchen Gesprächen, bei denen es um Gefühle geht (und Männer reden), fiel mir der Einstieg schwer. Wie sollte ich auch anfangen?
„Tut mir Leid, dass Mr. Big nicht halten konnte, was er versprochen hat???“.
Glücklicherweise kam mir Arne zuvor.
„Ich dachte, dass es bei ihm echt klappen könnte.“
Meine Verwirrung begann zu wachsen.
„Ihr kanntet euch vorher? Hattest Du Gefühle für ihn?“
Arne nahm einen tiefen Zug, und mir wurde wieder schlecht.
Ich musste an das Mädchen denken, dem ich damals ins Gesicht gekotzt hatte.
„Alter, ich bin nicht schwul. Aber ich dachte, ich könnte es werden.“
Nun wusste ich endgültig keine Antwort mehr.
Also machte Arne weiter.
„Bruder, ich sag` Dir jetzt mal was: Ich kannte noch keine Frau, die es wirklich verdient hatte, mich zu besitzen. Einer Schlampe folgte die nächste, die eine schlimmer als die andere. Sobald ich mir sicher sein konnte, dass ich endlich bei der richtigen gelandet war, ließ sie ihre Maske fallen und ich starrte direkt in ihr abschreckendes Gesicht. Da gibt’s nur eine Lösung: Wechsle das Geschlecht Deines Interesses!“
Nun verstand ich den Plan meines Bruders und hielt ihn –zumindest von der Idee her- für gar nicht so blöd.
Arne fuhr fort.
„Dummerweise kommst Du nicht gegen bestimmte Dinge an, die in Deiner Natur festgelegt sind, da kannst Du noch so lange auf nackte Männerkörper starren. Ich bin an das weibliche Geschlecht gebunden, und ich hasse das. Früher oder später verliebst Du Dich wieder, und dann können sie mit Dir machen, was sie wollen.
Verstehst Du, die Frauen wissen einfach, wie sie das ausnutzen können. Seit Eva damals den verbotenen Apfel gegessen hat, haben uns die Weiber in der Summe mehr Ärger gemacht, als sie uns genützt haben…“
Arne philosophierte noch lange weiter, aber meine Gedanken schweiften ab. Mama war also nur einmal im Leben richtig verliebt gewesen, und zwar in einen Mann, den sie in Panama kennengelernt hatte. Langsam begann ich zu begreifen, wie die Urne in Arnes Kofferraum mit unserer Reise nach Panama zusammenpasste. Mein Bruder hatte vor, sie bei dem Menschen zu beerdigen, für den sie immer nach Panama zurückkehren wollte, wenn ihre Lebensumstände es nicht verhindert hätten. So schlecht seine Meinung von Frauen auch war, von der Liebe schien er doch noch einiges zu halten…
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Freitag, 29. Juni 2007
Auf nach Panama - Teil 4
tobi-wan, 17:33h
Im Kino hasse ich Cliffhanger. Das Ende wird bewusst offen gelassen, damit der Zuschauer auf jeden Fall auch in die Fortsetzung rennt. Beim letzten Teil meines Reiseberichts habe ich mich genau dieses Tricks bedient, und ein bisschen lässt mich das schon nachdenklich werden: Habe ich etwa Angst, dass sich keiner mehr dafür interessiert, wie meine Reise nach Panama weitergeht?
Wenn´s nach dem Polizisten gegangen wäre, hätte die Unternehmung sofort ein Ende gefunden, nachdem er mitbekommen hat, dass wir unsere tote Mutter im Kofferraum verstecken wollten. Nun ja, man sollte aber nie vergessen, dass jeder Mensch gewisse Bedürfnisse hat, auch ein Polizist. Wie es der Zufall so wollte, deckten sich seine Bedürfnisse mit denen meines Bruders. Sicherlich bekam mein Bruder beim folgenden Tauschhandel nicht den üblichen Geldwert, dafür jedoch etwas für uns beide viel Wichtigeres: Die Freiheit, unseren langen Weg nach Panama nebst toter Mutter im Kofferraum (von der ich bis dahin nichts wusste, aber dazu später mehr) fortsetzen zu können. Doch damit nicht genug: Arne war wirklich ein sehr anständiger Geschäftsmann, und als solcher ließ er es sich nicht nehmen, seinem neuen Kunden eine ganz besondere eigene Kreation zur kostenlosen Verköstigung anzubieten: Selbst gebackene Kekse, die er aus einem versteckten Fach unter dem Fahrersitz kramte. Darüber war der Polizist so erfreut, dass er uns, nachdem sein Lachflash vorüber war (ausgelöst durch einen Stein mit der angeblichen Form von Elvis` Kopf), nur noch eine gute Weiterfahrt wünschte und sich ausdrücklich für alle entstandenen Unannehmlichkeiten entschuldigte.
Ja, das war wirklich lustig.
Im Gegensatz zu dem Polizisten konnte ich aber nicht vergessen, dass mein Bruder offensichtlich unsere tote Mutter im Kofferraum transportierte, ohne mir etwas davon zu sagen.
Natürlich wusste er, dass er mir eine Erklärung schuldete
(Ich war der festen Überzeugung, dass sie auf dem städtischen Friedhof lag.).
Deswegen schlug er vor, einen Flieger später zu nehmen und an einem ruhigen Ort über alles zu reden. Ich war einverstanden, doch im Nachhinein bereue ich ein wenig, ihn diesen „ruhigen Ort“ ausgesucht haben zu lassen.
Ich meine, es ist schwer vorstellbar, aber die Definitionen von „ruhig“ können durchaus sehr weit auseinandergehen. In Gedanken träumte ich mich zum Beispiel an einen Ort abseits vom Lärm der Zivilisation, etwa ans Ufer eines abgelegenen Sees. Einfach ein wenig Ruhe bekommen, das wäre nicht schlecht gewesen. Schließlich hatte ich in den letzten Tagen mit groben Beleidigungen meines Chefs die Kündigung erwirkt, meinen dauer-kiffenden Bruder wiedergetroffen, ihm eingewilligt, total überstürzt eine völlig unorganisierte Reise nach Panama anzutreten, nicht verhindert, dass Arne einen Staatsdiener mit Marihuana gefügig machte und gerade realisiert, dass sich die Überreste meiner Mutter im Kofferraum des Autos meines Bruders befand. Also, ein wenig Ruhe hätte jetzt nicht geschadet.
Aber könnt Ihr Euch denken, wie viel Ruhe man bekommt, wenn man versucht, mit seinem Bruder zu reden, während dieser damit beschäftigt ist, in unregelmäßigen Abständen Geldscheine in intime Körperstellen eines aus seiner Sicht offenbar äußerst attraktiven Strippers zu stecken? Ja, richtig verstanden, STRIPPER, und nicht Stripperin! Ihr ahnt es bereits, Arnes Ort der Ruhe lag weder an einem See noch war er ein gemütliches Restaurant. Er hörte viel mehr auf den Namen „Maison Derrière“. Dessen Besitzer schien meinen Bruder irgendwie ziemlich gut zu kennen, und so kam es, dass wir uns bald in einem exklusiven Hinterzimmer dieses Hauses befanden, nur Arne, Ich, Champagner und ein ungemein bequemes Sofa. Ach ja, und natürlich Mr. Big, der sich alsbald zu uns gesellte. Es ist fast unmöglich zu beschreiben, wie Arne es schaffte, mir in dieser Umgebung die Geschichte unserer Mutter zu erzählen. Die ganze Zeit über konnte ich die eigentliche Bequemlichkeit des Sofas oder den ohne Frage ausgezeichneten Champagner nicht richtig genießen.
Dass mein Bruder offenbar mehr Gemeinsamkeiten mit dem schwulen Engel aus dem letzten Teil des Reiseberichts hatte, war die eine Sache. Aber ich wollte auf keinen Fall mit eigenen Augen erfahren müssen, wie Mr. Big zu seinem Spitznamen kam. So war ich während Arnes Erzählung überwiegend damit beschäftigt, darauf zu hoffen, dass mein Bruder fertig wurde, solange die letzte Hülle bei Mr. Big noch nicht gefallen war (Nein, ich bin nicht neidisch verdammt nochmal, es gibt schließlich wichtigere Kriterien als die Größe…Wobei die auch gar nicht mein Problem ist…Nur nützt sie nichts ohne die richtige Technik…die ich selbstverständlich beherrsche… ).
Was mir Arne über unsere Mutter erzählte, wenn er sein Geld gerade nicht zu Mr. Big steckte?
Warum sich ihre Überreste im Kofferraum seines Autos befanden? (Gemeint ist eine Urne, soviel sei hier verraten.)
Was die Antworten auf diese Fragen noch mit Panama zu tun haben?
Das erzähle ich Euch nächstes Mal.
Ihr merkt schon: Irgendwie stehe ich doch auf Cliffhanger…
Wenn´s nach dem Polizisten gegangen wäre, hätte die Unternehmung sofort ein Ende gefunden, nachdem er mitbekommen hat, dass wir unsere tote Mutter im Kofferraum verstecken wollten. Nun ja, man sollte aber nie vergessen, dass jeder Mensch gewisse Bedürfnisse hat, auch ein Polizist. Wie es der Zufall so wollte, deckten sich seine Bedürfnisse mit denen meines Bruders. Sicherlich bekam mein Bruder beim folgenden Tauschhandel nicht den üblichen Geldwert, dafür jedoch etwas für uns beide viel Wichtigeres: Die Freiheit, unseren langen Weg nach Panama nebst toter Mutter im Kofferraum (von der ich bis dahin nichts wusste, aber dazu später mehr) fortsetzen zu können. Doch damit nicht genug: Arne war wirklich ein sehr anständiger Geschäftsmann, und als solcher ließ er es sich nicht nehmen, seinem neuen Kunden eine ganz besondere eigene Kreation zur kostenlosen Verköstigung anzubieten: Selbst gebackene Kekse, die er aus einem versteckten Fach unter dem Fahrersitz kramte. Darüber war der Polizist so erfreut, dass er uns, nachdem sein Lachflash vorüber war (ausgelöst durch einen Stein mit der angeblichen Form von Elvis` Kopf), nur noch eine gute Weiterfahrt wünschte und sich ausdrücklich für alle entstandenen Unannehmlichkeiten entschuldigte.
Ja, das war wirklich lustig.
Im Gegensatz zu dem Polizisten konnte ich aber nicht vergessen, dass mein Bruder offensichtlich unsere tote Mutter im Kofferraum transportierte, ohne mir etwas davon zu sagen.
Natürlich wusste er, dass er mir eine Erklärung schuldete
(Ich war der festen Überzeugung, dass sie auf dem städtischen Friedhof lag.).
Deswegen schlug er vor, einen Flieger später zu nehmen und an einem ruhigen Ort über alles zu reden. Ich war einverstanden, doch im Nachhinein bereue ich ein wenig, ihn diesen „ruhigen Ort“ ausgesucht haben zu lassen.
Ich meine, es ist schwer vorstellbar, aber die Definitionen von „ruhig“ können durchaus sehr weit auseinandergehen. In Gedanken träumte ich mich zum Beispiel an einen Ort abseits vom Lärm der Zivilisation, etwa ans Ufer eines abgelegenen Sees. Einfach ein wenig Ruhe bekommen, das wäre nicht schlecht gewesen. Schließlich hatte ich in den letzten Tagen mit groben Beleidigungen meines Chefs die Kündigung erwirkt, meinen dauer-kiffenden Bruder wiedergetroffen, ihm eingewilligt, total überstürzt eine völlig unorganisierte Reise nach Panama anzutreten, nicht verhindert, dass Arne einen Staatsdiener mit Marihuana gefügig machte und gerade realisiert, dass sich die Überreste meiner Mutter im Kofferraum des Autos meines Bruders befand. Also, ein wenig Ruhe hätte jetzt nicht geschadet.
Aber könnt Ihr Euch denken, wie viel Ruhe man bekommt, wenn man versucht, mit seinem Bruder zu reden, während dieser damit beschäftigt ist, in unregelmäßigen Abständen Geldscheine in intime Körperstellen eines aus seiner Sicht offenbar äußerst attraktiven Strippers zu stecken? Ja, richtig verstanden, STRIPPER, und nicht Stripperin! Ihr ahnt es bereits, Arnes Ort der Ruhe lag weder an einem See noch war er ein gemütliches Restaurant. Er hörte viel mehr auf den Namen „Maison Derrière“. Dessen Besitzer schien meinen Bruder irgendwie ziemlich gut zu kennen, und so kam es, dass wir uns bald in einem exklusiven Hinterzimmer dieses Hauses befanden, nur Arne, Ich, Champagner und ein ungemein bequemes Sofa. Ach ja, und natürlich Mr. Big, der sich alsbald zu uns gesellte. Es ist fast unmöglich zu beschreiben, wie Arne es schaffte, mir in dieser Umgebung die Geschichte unserer Mutter zu erzählen. Die ganze Zeit über konnte ich die eigentliche Bequemlichkeit des Sofas oder den ohne Frage ausgezeichneten Champagner nicht richtig genießen.
Dass mein Bruder offenbar mehr Gemeinsamkeiten mit dem schwulen Engel aus dem letzten Teil des Reiseberichts hatte, war die eine Sache. Aber ich wollte auf keinen Fall mit eigenen Augen erfahren müssen, wie Mr. Big zu seinem Spitznamen kam. So war ich während Arnes Erzählung überwiegend damit beschäftigt, darauf zu hoffen, dass mein Bruder fertig wurde, solange die letzte Hülle bei Mr. Big noch nicht gefallen war (Nein, ich bin nicht neidisch verdammt nochmal, es gibt schließlich wichtigere Kriterien als die Größe…Wobei die auch gar nicht mein Problem ist…Nur nützt sie nichts ohne die richtige Technik…die ich selbstverständlich beherrsche… ).
Was mir Arne über unsere Mutter erzählte, wenn er sein Geld gerade nicht zu Mr. Big steckte?
Warum sich ihre Überreste im Kofferraum seines Autos befanden? (Gemeint ist eine Urne, soviel sei hier verraten.)
Was die Antworten auf diese Fragen noch mit Panama zu tun haben?
Das erzähle ich Euch nächstes Mal.
Ihr merkt schon: Irgendwie stehe ich doch auf Cliffhanger…
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Freitag, 22. Juni 2007
Auf nach Panama - Teil 3
tobi-wan, 17:54h
Vorurteile machen das Leben leichter.
Sie ersparen uns die Mühe, das Gegenüber erst in langwierigen Gesprächen kennenlernen zu müssen und erlauben uns stattdessen, eine Person in Sekundenbruchteilen zu klassifizieren, vom Äußeren her. Für einen Menschen mit Vorurteilen gegenüber anderen Menschen sind diese nicht haltlos und einseitig, sondern natürlich stets durch eigene Erfahrungen belegt.
Leute hingegen, die von sich behaupten, frei von Vorurteilen zu sein, bekommen immer in dem Moment ein Problem, wenn sich gewisse Vorurteile doch bestätigen. Dann taucht über der einen Schulter plötzlich das kleine Teufelchen auf und ruft zum Engelchen auf der anderen Schulter hinüber: „Ich hab´s ihm gleich gesagt, aber er musste ja auf Dich hören, Du liberale Schwuppe!“
(Um allen Missverständnissen vorzubeugen: Weder sorgte meine Reise nach Panama bisher für Halluzinationen, noch stehe ich auf kleine schwule Engel…Das heißt jetzt aber nicht, dass ich was gegen Schwule im Allgemeinen bzw. schwule Engel im Besonderen habe… Nein, ich bin tolerant und liberal und frei von Vorurteilen…aber es bringt mich zu der Überlegung, wie wohl die Kirche zum Thema Homosexualität unter Engeln denkt…naja, ich schweife wieder ab…)
Bei mir jedenfalls trat so ein Fall ein, als Arne (so heißt mein Bruder) den Polizisten, der uns durch energisches Winken mit seiner Kelle zum Halten nötigte, obwohl wir uns doch in wichtiger Mission auf dem Weg zum Flughafen befanden, mit den Worten „Friede sei mit Dir, mein uniformierter Freund“ begrüßte. Da sitzt Du dann daneben und denkst Dir:
„In Ordnung, wenn der Bulle nicht schon aufgrund des psychedelischen Farbstils von Auto und Fahrer bzw. dessen Frisur in die Lage versetzt wurde, die Drogen förmlich riechen zu können, dann doch spätestens nach dieser Begrüßung. Kiffer sind also tatsächlich weniger dazu in der Lage, die logischen Konsequenzen ihres Handelns abzuschätzen.“
Die Antwort des uniformierten Freundes beschränkte sich folglich auch auf die energische Aufforderung, dass mein Bruder sein Fahrzeug umgehend verlassen und sich wegen dringenden Verdachtes einer Drogenkontrolle unterziehen musste.
Ich betrachtete das Schauspiel mit einiger Gelassenheit, weil ich sicher sein konnte, dass Arne weder groß zu schnell gefahren war, noch in den letzten Stunden intensiv nachgedacht hatte (eine seiner zahlreichen Umschreibungen für „kiffen“.).
Und tatsächlich konnte meinem Bruder kein Drogenkonsum nachgewiesen werden, was ihn wiederum einen Apell an den Polizeibeamten richten ließ, demnach sich „der uniformierte Staatssklave in Zukunft doch bitte weniger von Vorurteilen lenken lassen solle“.
Mein Grinsen über Arnes nicht von der Hand zu weisende rhetorische Begabung verschwand jedoch gleich, als der Polizist ihn aufforderte, jetzt bitte den Kofferraum zu öffnen.
Da erschien es wieder, das kleine Teufelchen (bitte nur als Metapher verstehen) und erzählte mir von Drogen im Kofferraum meines Bruders.
Überzeugen konnte mich diese Theorie aber zunächst deshalb nicht, weil ich Arne für intelligent genug hielt, seinen Stoff im Auto vernünftig zu verstecken. Nachdem er den Kofferraum dann widerwillig geöffnet hatte, säte die aufgeregte Stimme des Polizisten aber doch erhebliche Zweifel in mir.
Zur allgemeinen Erheiterung und auch ein bisschen aus Faulheit versuche ich jetzt mal, das folgende Gespräch zwischen Arne und dem Polizisten so detailgetreu wie möglich wiederzugeben, aber danach ist Schluss für heute.
„Was liegt dort unter der Decke?“
„Das geht Sie gar nichts an, mein grüner Freund.“
„Entfernen Sie unverzüglich die Decke und zeigen Sie mir, was sich darunter verbirgt.“
„Die Zahl der autoritären Schwingungen wird mir gerade eindeutig zu hoch…“
Voller Ungeduld riss der Polizist die Decke selber beiseite.
Darunter lag ein Paket.
„Öffnen Sie sofort das Paket, oder ich tue es!“
„Wirklich Mann, ich mag Sie, aber das will ich echt nicht machen.“
„Wieso nicht, was ist in dem Paket?“
Mir wurde das Sitzen nun zunehmend unbequemer und ich stellte zum ersten Mal in Frage, ob es eine gute Idee war, mit meinem Bruder nach Panama zu reisen. Die Zweifel verwandelten sich in Gewissheit, als Arne dem Polizisten antwortete. Da war er, der Moment, in dem ich mich zum ersten Mal an meinen Schreibtisch zurückwünschte, mit all seiner Langeweile und Sicherheit. War das meine innere Stimme, die endlich zu mir sprach?
Also, hört oder besser gesagt lest den Satz meines Bruders, der unserer Reise nach Panama neuen Antrieb verlieh
(Schon bemerkenswert, welche Wirkung ein einzelner Satz auf das Innerste eines Menschen haben kann.):
„Du willst wissen, was in dem Paket ist?
Ok, Du autoritätsgeiler grüner Wichtigtuer, ich sage es Dir, damit diese ganzen negativen Energien hier mal aufhören.
Verdammt, da ist das drin, was von meiner hochgeschätzten Mama noch übrig ist, und eines kann ich Dir versichern:
Ihr hätte Dein diktatorischer Tonfall ganz und gar nicht gefallen!“
Sie ersparen uns die Mühe, das Gegenüber erst in langwierigen Gesprächen kennenlernen zu müssen und erlauben uns stattdessen, eine Person in Sekundenbruchteilen zu klassifizieren, vom Äußeren her. Für einen Menschen mit Vorurteilen gegenüber anderen Menschen sind diese nicht haltlos und einseitig, sondern natürlich stets durch eigene Erfahrungen belegt.
Leute hingegen, die von sich behaupten, frei von Vorurteilen zu sein, bekommen immer in dem Moment ein Problem, wenn sich gewisse Vorurteile doch bestätigen. Dann taucht über der einen Schulter plötzlich das kleine Teufelchen auf und ruft zum Engelchen auf der anderen Schulter hinüber: „Ich hab´s ihm gleich gesagt, aber er musste ja auf Dich hören, Du liberale Schwuppe!“
(Um allen Missverständnissen vorzubeugen: Weder sorgte meine Reise nach Panama bisher für Halluzinationen, noch stehe ich auf kleine schwule Engel…Das heißt jetzt aber nicht, dass ich was gegen Schwule im Allgemeinen bzw. schwule Engel im Besonderen habe… Nein, ich bin tolerant und liberal und frei von Vorurteilen…aber es bringt mich zu der Überlegung, wie wohl die Kirche zum Thema Homosexualität unter Engeln denkt…naja, ich schweife wieder ab…)
Bei mir jedenfalls trat so ein Fall ein, als Arne (so heißt mein Bruder) den Polizisten, der uns durch energisches Winken mit seiner Kelle zum Halten nötigte, obwohl wir uns doch in wichtiger Mission auf dem Weg zum Flughafen befanden, mit den Worten „Friede sei mit Dir, mein uniformierter Freund“ begrüßte. Da sitzt Du dann daneben und denkst Dir:
„In Ordnung, wenn der Bulle nicht schon aufgrund des psychedelischen Farbstils von Auto und Fahrer bzw. dessen Frisur in die Lage versetzt wurde, die Drogen förmlich riechen zu können, dann doch spätestens nach dieser Begrüßung. Kiffer sind also tatsächlich weniger dazu in der Lage, die logischen Konsequenzen ihres Handelns abzuschätzen.“
Die Antwort des uniformierten Freundes beschränkte sich folglich auch auf die energische Aufforderung, dass mein Bruder sein Fahrzeug umgehend verlassen und sich wegen dringenden Verdachtes einer Drogenkontrolle unterziehen musste.
Ich betrachtete das Schauspiel mit einiger Gelassenheit, weil ich sicher sein konnte, dass Arne weder groß zu schnell gefahren war, noch in den letzten Stunden intensiv nachgedacht hatte (eine seiner zahlreichen Umschreibungen für „kiffen“.).
Und tatsächlich konnte meinem Bruder kein Drogenkonsum nachgewiesen werden, was ihn wiederum einen Apell an den Polizeibeamten richten ließ, demnach sich „der uniformierte Staatssklave in Zukunft doch bitte weniger von Vorurteilen lenken lassen solle“.
Mein Grinsen über Arnes nicht von der Hand zu weisende rhetorische Begabung verschwand jedoch gleich, als der Polizist ihn aufforderte, jetzt bitte den Kofferraum zu öffnen.
Da erschien es wieder, das kleine Teufelchen (bitte nur als Metapher verstehen) und erzählte mir von Drogen im Kofferraum meines Bruders.
Überzeugen konnte mich diese Theorie aber zunächst deshalb nicht, weil ich Arne für intelligent genug hielt, seinen Stoff im Auto vernünftig zu verstecken. Nachdem er den Kofferraum dann widerwillig geöffnet hatte, säte die aufgeregte Stimme des Polizisten aber doch erhebliche Zweifel in mir.
Zur allgemeinen Erheiterung und auch ein bisschen aus Faulheit versuche ich jetzt mal, das folgende Gespräch zwischen Arne und dem Polizisten so detailgetreu wie möglich wiederzugeben, aber danach ist Schluss für heute.
„Was liegt dort unter der Decke?“
„Das geht Sie gar nichts an, mein grüner Freund.“
„Entfernen Sie unverzüglich die Decke und zeigen Sie mir, was sich darunter verbirgt.“
„Die Zahl der autoritären Schwingungen wird mir gerade eindeutig zu hoch…“
Voller Ungeduld riss der Polizist die Decke selber beiseite.
Darunter lag ein Paket.
„Öffnen Sie sofort das Paket, oder ich tue es!“
„Wirklich Mann, ich mag Sie, aber das will ich echt nicht machen.“
„Wieso nicht, was ist in dem Paket?“
Mir wurde das Sitzen nun zunehmend unbequemer und ich stellte zum ersten Mal in Frage, ob es eine gute Idee war, mit meinem Bruder nach Panama zu reisen. Die Zweifel verwandelten sich in Gewissheit, als Arne dem Polizisten antwortete. Da war er, der Moment, in dem ich mich zum ersten Mal an meinen Schreibtisch zurückwünschte, mit all seiner Langeweile und Sicherheit. War das meine innere Stimme, die endlich zu mir sprach?
Also, hört oder besser gesagt lest den Satz meines Bruders, der unserer Reise nach Panama neuen Antrieb verlieh
(Schon bemerkenswert, welche Wirkung ein einzelner Satz auf das Innerste eines Menschen haben kann.):
„Du willst wissen, was in dem Paket ist?
Ok, Du autoritätsgeiler grüner Wichtigtuer, ich sage es Dir, damit diese ganzen negativen Energien hier mal aufhören.
Verdammt, da ist das drin, was von meiner hochgeschätzten Mama noch übrig ist, und eines kann ich Dir versichern:
Ihr hätte Dein diktatorischer Tonfall ganz und gar nicht gefallen!“
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Freitag, 15. Juni 2007
Auf nach Panama - Teil 2
tobi-wan, 19:52h
Hallo, da bin ich wieder. Ihr erinnert Euch, der 35-jährige Kerl, der seinem Chef in einem Anfall beleidigender und völlig taktloser Ehrlichkeit gesagt hat, was für ein Idiot dieser doch ist und jetzt ohne Job dasteht. Egal, es wurde Zeit, das könnt ihr mir glauben.
Geld ist es momentan nicht, was mir fehlt, sondern etwas anderes.
Habe ne Weile gebraucht, um das rauszufinden…
Kennt ihr das: Ihr wacht morgens auf, und ihr wisst bereits ganz genau, wie der Tag verlaufen wird. Nicht in groben Zügen, sondern alles.
Every fucking detail! Sicherheit muss sein, klar. Aber wenn alle Möglichkeiten bereits zementiert sind, dann kann man früher oder später nicht mehr atmen.
Ich ging also aus diesem Büro raus, nach unten, trat ins Freie, und was machte ich dann?
Ich atmete zum ersten Mal!
Und als ich fertig war?
Dann galt es, eine Entscheidung zu treffen.
Was anfangen mit der neu gewonnenen Freiheit?
Was nun?
Tja, so ist das mit der Freiheit: Wenn man sie endlich hat, dann braucht es eine Weile, sich daran zu gewöhnen.
Dabei kommt es eigentlich nur darauf an, sich bewusst zu werden, was man will. Hier musste ich an die Worte meiner Mama denken:
„Junge, lern endlich, in Dich hineinzuhören!“
Danke Mama, aber das habe ich fast verlernt.
Ich probierte es trotzdem, denn Zeit dafür hatte ich ja jetzt genug, dank meines kleinen Auftritts vorm Chef.
Blöd nur, dass in mir alles so still war.
Nachdem ich also etwa zehn Minuten mit geschlossenen Augen vor der Tür des Bürogebäudes stand und meine innere Stimme mir jede Antwort verweigerte, sah ich ein, dass ich sie so nie zum Sprechen bekommen würde.
Bei Mama funktionierte es immer. Sie saß oft stundenlang auf diesem bunten Teppich im Wohnzimmer und lauschte ihrer inneren Stimme.
Als kleiner Junge fragte ich mich immer, wo dann dieser süßliche Geruch herkam, der sich bei Mamas Selbsterkennungs-Trip in der Wohnung zu verbreiten pflegte. Nach meiner ersten Oberschulparty wusste ich es. Für mich ergab sich nach dem Joint jedoch nur eine Erkenntnis: Wenn ein Mädchen Dir sagt, dass Du sie ankotzt, solltest Du dieser Aussage anschließend nicht auch noch eine wörtliche Bedeutung verleihen…
Ach, ich schweife ab.
Ich hatte Euch ja versprochen, zu erklären, warum mein Reisebericht „Auf nach Panama“ heißt.
Ich bin ehrlich: Von alleine wäre ich wohl nie auf die Idee gekommen, nach Panama zu reisen. Vermutlich würde ich immer noch vor dem Büro stehen und mich von meiner inneren Stimme anschweigen lassen.
Aber zu meinem Glück schenkten mir meine Eltern einen Bruder.
Unser Verhältnis war nie sehr eng, weil er irgendwann zu viel Zeit damit verbrachte, neben meiner Mutter auf dem bunten Teppich zu sitzen und auf die selbe eigentümliche Weise nach der inneren Stimme zu suchen, wie sie es tat.
Jetzt war er so eine Art Künstler und wohnte in einem eigenen Atelier, welches nur ein paar Straßen von meinem ehemaligen Büro entfernt lag. Ich habe seine Kunst nie so wirklich verstanden und konnte mich auch nicht richtig gegen den Eindruck wehren, dass seine Kunden weniger wegen der wirren Farbkleckse auf den Bildern zu ihm kamen, sonder eher wegen dieser besonderen Pflanzen, die er züchtete. Als ich ihm das einmal sagte, reagierte er beleidigt und bezeichnete mich als Kunstbanausen. Egal. In diesem Moment war mein Bruder der einzige, der mir eventuell helfen konnte, meine innere Stimme zum Sprechen zu bewegen.
Nachdem ich ihm meine Situation erklärt und er aufmerksam zugehört hatte, sagte er für eine halbe Minute nichts. Er starrte nur ins Leere und zwirbelte dabei mit der rechten Hand an einer seiner zahlreichen Rasta-Locken.
(Ich musste unweigerlich an eine Studie denken, die sich mit den negativen Auswirkungen von Marihuana auf das Reaktionsvermögen beschäftigte. Nachdem ich sie ihm mal ausgedruckt mitbrachte, diente sie ihm einige Tage später als Papier für einen Joint.)
Als ich begann, mir ernsthafte Sorgen um das geistige Wohlbefinden meines Bruders zu machen, antwortete er mir schließlich doch.
Seine Worte blieben noch lange in meinem Gedächtnis kleben:
“Bruder, komm mit mir nach Panama, da wird Deine innere Stimme reden. Morgen früh geht’s los. Ach nein, doch lieber jetzt gleich, denn das Leben ist kurz.“
Ihr werdet jetzt sicher denken, dass mein Bruder völlig bescheuert ist und ich noch viel mehr. Einfach so nach Panama zu reisen, ohne Route oder einen echten Grund, nur ein Typ auf der Suche nach sich selbst und sein Bruder, dessen bloßes Aussehen schon jeden Zoll-Fahnder in Alarmbereitschaft versetzt.
Ich aber kann euch erwidern:
Endlich hatte ich ein Ziel vor Augen, abwegig zwar oder verrückt, aber es existierte, und sein Name war Panama.
Geld ist es momentan nicht, was mir fehlt, sondern etwas anderes.
Habe ne Weile gebraucht, um das rauszufinden…
Kennt ihr das: Ihr wacht morgens auf, und ihr wisst bereits ganz genau, wie der Tag verlaufen wird. Nicht in groben Zügen, sondern alles.
Every fucking detail! Sicherheit muss sein, klar. Aber wenn alle Möglichkeiten bereits zementiert sind, dann kann man früher oder später nicht mehr atmen.
Ich ging also aus diesem Büro raus, nach unten, trat ins Freie, und was machte ich dann?
Ich atmete zum ersten Mal!
Und als ich fertig war?
Dann galt es, eine Entscheidung zu treffen.
Was anfangen mit der neu gewonnenen Freiheit?
Was nun?
Tja, so ist das mit der Freiheit: Wenn man sie endlich hat, dann braucht es eine Weile, sich daran zu gewöhnen.
Dabei kommt es eigentlich nur darauf an, sich bewusst zu werden, was man will. Hier musste ich an die Worte meiner Mama denken:
„Junge, lern endlich, in Dich hineinzuhören!“
Danke Mama, aber das habe ich fast verlernt.
Ich probierte es trotzdem, denn Zeit dafür hatte ich ja jetzt genug, dank meines kleinen Auftritts vorm Chef.
Blöd nur, dass in mir alles so still war.
Nachdem ich also etwa zehn Minuten mit geschlossenen Augen vor der Tür des Bürogebäudes stand und meine innere Stimme mir jede Antwort verweigerte, sah ich ein, dass ich sie so nie zum Sprechen bekommen würde.
Bei Mama funktionierte es immer. Sie saß oft stundenlang auf diesem bunten Teppich im Wohnzimmer und lauschte ihrer inneren Stimme.
Als kleiner Junge fragte ich mich immer, wo dann dieser süßliche Geruch herkam, der sich bei Mamas Selbsterkennungs-Trip in der Wohnung zu verbreiten pflegte. Nach meiner ersten Oberschulparty wusste ich es. Für mich ergab sich nach dem Joint jedoch nur eine Erkenntnis: Wenn ein Mädchen Dir sagt, dass Du sie ankotzt, solltest Du dieser Aussage anschließend nicht auch noch eine wörtliche Bedeutung verleihen…
Ach, ich schweife ab.
Ich hatte Euch ja versprochen, zu erklären, warum mein Reisebericht „Auf nach Panama“ heißt.
Ich bin ehrlich: Von alleine wäre ich wohl nie auf die Idee gekommen, nach Panama zu reisen. Vermutlich würde ich immer noch vor dem Büro stehen und mich von meiner inneren Stimme anschweigen lassen.
Aber zu meinem Glück schenkten mir meine Eltern einen Bruder.
Unser Verhältnis war nie sehr eng, weil er irgendwann zu viel Zeit damit verbrachte, neben meiner Mutter auf dem bunten Teppich zu sitzen und auf die selbe eigentümliche Weise nach der inneren Stimme zu suchen, wie sie es tat.
Jetzt war er so eine Art Künstler und wohnte in einem eigenen Atelier, welches nur ein paar Straßen von meinem ehemaligen Büro entfernt lag. Ich habe seine Kunst nie so wirklich verstanden und konnte mich auch nicht richtig gegen den Eindruck wehren, dass seine Kunden weniger wegen der wirren Farbkleckse auf den Bildern zu ihm kamen, sonder eher wegen dieser besonderen Pflanzen, die er züchtete. Als ich ihm das einmal sagte, reagierte er beleidigt und bezeichnete mich als Kunstbanausen. Egal. In diesem Moment war mein Bruder der einzige, der mir eventuell helfen konnte, meine innere Stimme zum Sprechen zu bewegen.
Nachdem ich ihm meine Situation erklärt und er aufmerksam zugehört hatte, sagte er für eine halbe Minute nichts. Er starrte nur ins Leere und zwirbelte dabei mit der rechten Hand an einer seiner zahlreichen Rasta-Locken.
(Ich musste unweigerlich an eine Studie denken, die sich mit den negativen Auswirkungen von Marihuana auf das Reaktionsvermögen beschäftigte. Nachdem ich sie ihm mal ausgedruckt mitbrachte, diente sie ihm einige Tage später als Papier für einen Joint.)
Als ich begann, mir ernsthafte Sorgen um das geistige Wohlbefinden meines Bruders zu machen, antwortete er mir schließlich doch.
Seine Worte blieben noch lange in meinem Gedächtnis kleben:
“Bruder, komm mit mir nach Panama, da wird Deine innere Stimme reden. Morgen früh geht’s los. Ach nein, doch lieber jetzt gleich, denn das Leben ist kurz.“
Ihr werdet jetzt sicher denken, dass mein Bruder völlig bescheuert ist und ich noch viel mehr. Einfach so nach Panama zu reisen, ohne Route oder einen echten Grund, nur ein Typ auf der Suche nach sich selbst und sein Bruder, dessen bloßes Aussehen schon jeden Zoll-Fahnder in Alarmbereitschaft versetzt.
Ich aber kann euch erwidern:
Endlich hatte ich ein Ziel vor Augen, abwegig zwar oder verrückt, aber es existierte, und sein Name war Panama.
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Freitag, 8. Juni 2007
Auf nach Panama - Teil 1
tobi-wan, 17:28h
Heute ist der Tag, auf den ich 35 Jahre lang gewartet habe.
Ich weiß, diesen Satz hört man eigentlich zu häufig.
Als würde man wirklich bewusst so lange Zeit auf nur einen Tag warten…
Aber ich sage euch, bei mir stimmt es, innerlich zumindest.
Ich wusste immer, dass mit der Welt, in der wir alle leben, eine Menge nicht stimmt.
Jetzt werdet ihr sagen: Das weiß doch jeder, der auch nur einmal in der Woche die Tagesschau guckt. Richtig, aber das ist was anderes. Ich habe nämlich immer gespürt, wie unbehaglich sich der Platz anfühlt, den man mir in dieser Welt zugewiesen hat (wer auch immer dafür verantwortlich ist). 35 Jahre lang tat ich nichts, was dem Wort Widerstand auch nur im Entferntesten nahe käme.
Habe mich gefügt, als Sklave meines Schicksals (ja, vielleicht ist diese Formulierung übertrieben, na und?).
Aber heute wurde mir bewusst, dass damit Schluss sein muss.
Nicht beim Aufwachen, nein, da bin ich doch wirklich genug damit beschäftigt, gegen den unendlichen Sog der Müdigkeit anzukämpfen, der mich ans Bett fesselt (ich hab´s heute echt drauf mit den Metaphern). Wäre das hier der Anfang eines Kapitels der Memoiren irgendeines großen Politikers, dann wäre ihm die weltverbessernde natürlich gleich beim Aufwachen gekommen.
Nein, ich bin ehrlich, meine Idee kam erst ein paar Minuten nach dem Aufstehen, beim Pissen.
Ich überlegte mir gerade, vielleicht einen Bus früher zu nehmen, um auf jeden Fall pünktlich im Büro anzukommen.
Damit ich meinem Chef nicht erneut mit unterwürfigem Lächeln etwas von dem dichten Verkehr als tiefere Ursache meiner Unpünktlichkeit erzählen musste. Doch dann spulte ich meine billige Ausrede im Geiste zurück und ersetzte sie durch eine Version, die mich in spontanes und ehrliches Gelächter ausbrechen lies (war das erste Mal, dass ich auf dem Klo gelacht habe).
Ich stellte mir vor, wie ich das Büro meines Chefs betrete, mit sportlichem Schritt und in legerer Kleidung (natürlich ohne anzuklopfen), mich vor seinen Schreibtisch stelle und ihm sage, dass ich eine enorm wichtige Frage an ihn hätte, die keinen Aufschub erlaube. Er glotzt dann weiter auf den Monitor seines Computers und signalisiert wahlweise durch ein unverständliches Brummen oder eine von Laien nicht erkennbare Kopfbewegung, dass er mir in unendlicher Güte drei Minuten seiner wertvollen Zeit zu opfern bereit ist. Darauf sage ich ihm, dass ich nur eine bräuchte, wenn er den Anstand hätte, während dieser einfach mal seine hässliche Fresse zu halten. Und da ist er, der Schockmoment, in dem er nichts erwidern kann, sondern verzweifelt zu ergründen versucht, ob meine Worte wirklich so von mir gesagt wurden oder ob sein fortgeschrittenes Alter den ersten Tribut fordert.
Ich nutze diesen Moment aus, so gut es nur geht.
Zunächst setze ich das übertriebenste Gute-Laune-Grinsen auf, welches mir gelingen kann. Es ist gar nicht so leicht, dieses Grinsen während meines folgenden ein-minütigen Vortrages in seiner anfänglichen Intensität zu halten, doch ich gebe mir alle Mühe.
Was ich meinem Chef erzähle?
Na alles das, was ich ihm an jedem Tag der letzten fünf Jahre gerne gesagt hätte!
Dass ein kleiner Schwanz noch lange keine Legitimation dafür gibt, die sexuelle Frustration tagtäglich an seinen Angestellten auszulassen, zum Beispiel. Schließen tue ich meine kleine Ansprache (während der er tatsächlich brav die Klappe gehalten hat, auch wenn die immer dunkler werdende Röte in seinem Gesicht wirklich Anlass zur Sorge gab) übrigens mit den Worten:
„Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche noch einen wunderschönen Tag…...Sie Arsch!“
Ach, was musste ich bei dieser Vorstellung lachen.
Noch viel mehr jedoch, als ich sie eine Stunde später in die Tat umgesetzt habe.
So verließ ich das Büro meines Chefs (jetzt Ex-Chefs) mit einem Gefühl unendlicher Befreiung, welches man wohl nur in ähnlicher Form erlebt, wenn man nach Stunden des Wartens endlich Pinkeln gehen darf.
Ok, diese Zeilen sollen für heute genügen. In ein paar Tagen erzähle ich dann, was unmittelbar nach den Geschehnissen im Büro passierte.
Dann erfahrt ihr auch, warum dieser Bericht
„Auf nach Panama“ heißt.
Eines kann ich an dieser Stelle schon verraten:
Hinter mir liegen sehr merkwürdige Tage.
Aber ich habe so das Gefühl, dass ich sie bitter nötig hatte.
Ich weiß, diesen Satz hört man eigentlich zu häufig.
Als würde man wirklich bewusst so lange Zeit auf nur einen Tag warten…
Aber ich sage euch, bei mir stimmt es, innerlich zumindest.
Ich wusste immer, dass mit der Welt, in der wir alle leben, eine Menge nicht stimmt.
Jetzt werdet ihr sagen: Das weiß doch jeder, der auch nur einmal in der Woche die Tagesschau guckt. Richtig, aber das ist was anderes. Ich habe nämlich immer gespürt, wie unbehaglich sich der Platz anfühlt, den man mir in dieser Welt zugewiesen hat (wer auch immer dafür verantwortlich ist). 35 Jahre lang tat ich nichts, was dem Wort Widerstand auch nur im Entferntesten nahe käme.
Habe mich gefügt, als Sklave meines Schicksals (ja, vielleicht ist diese Formulierung übertrieben, na und?).
Aber heute wurde mir bewusst, dass damit Schluss sein muss.
Nicht beim Aufwachen, nein, da bin ich doch wirklich genug damit beschäftigt, gegen den unendlichen Sog der Müdigkeit anzukämpfen, der mich ans Bett fesselt (ich hab´s heute echt drauf mit den Metaphern). Wäre das hier der Anfang eines Kapitels der Memoiren irgendeines großen Politikers, dann wäre ihm die weltverbessernde natürlich gleich beim Aufwachen gekommen.
Nein, ich bin ehrlich, meine Idee kam erst ein paar Minuten nach dem Aufstehen, beim Pissen.
Ich überlegte mir gerade, vielleicht einen Bus früher zu nehmen, um auf jeden Fall pünktlich im Büro anzukommen.
Damit ich meinem Chef nicht erneut mit unterwürfigem Lächeln etwas von dem dichten Verkehr als tiefere Ursache meiner Unpünktlichkeit erzählen musste. Doch dann spulte ich meine billige Ausrede im Geiste zurück und ersetzte sie durch eine Version, die mich in spontanes und ehrliches Gelächter ausbrechen lies (war das erste Mal, dass ich auf dem Klo gelacht habe).
Ich stellte mir vor, wie ich das Büro meines Chefs betrete, mit sportlichem Schritt und in legerer Kleidung (natürlich ohne anzuklopfen), mich vor seinen Schreibtisch stelle und ihm sage, dass ich eine enorm wichtige Frage an ihn hätte, die keinen Aufschub erlaube. Er glotzt dann weiter auf den Monitor seines Computers und signalisiert wahlweise durch ein unverständliches Brummen oder eine von Laien nicht erkennbare Kopfbewegung, dass er mir in unendlicher Güte drei Minuten seiner wertvollen Zeit zu opfern bereit ist. Darauf sage ich ihm, dass ich nur eine bräuchte, wenn er den Anstand hätte, während dieser einfach mal seine hässliche Fresse zu halten. Und da ist er, der Schockmoment, in dem er nichts erwidern kann, sondern verzweifelt zu ergründen versucht, ob meine Worte wirklich so von mir gesagt wurden oder ob sein fortgeschrittenes Alter den ersten Tribut fordert.
Ich nutze diesen Moment aus, so gut es nur geht.
Zunächst setze ich das übertriebenste Gute-Laune-Grinsen auf, welches mir gelingen kann. Es ist gar nicht so leicht, dieses Grinsen während meines folgenden ein-minütigen Vortrages in seiner anfänglichen Intensität zu halten, doch ich gebe mir alle Mühe.
Was ich meinem Chef erzähle?
Na alles das, was ich ihm an jedem Tag der letzten fünf Jahre gerne gesagt hätte!
Dass ein kleiner Schwanz noch lange keine Legitimation dafür gibt, die sexuelle Frustration tagtäglich an seinen Angestellten auszulassen, zum Beispiel. Schließen tue ich meine kleine Ansprache (während der er tatsächlich brav die Klappe gehalten hat, auch wenn die immer dunkler werdende Röte in seinem Gesicht wirklich Anlass zur Sorge gab) übrigens mit den Worten:
„Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche noch einen wunderschönen Tag…...Sie Arsch!“
Ach, was musste ich bei dieser Vorstellung lachen.
Noch viel mehr jedoch, als ich sie eine Stunde später in die Tat umgesetzt habe.
So verließ ich das Büro meines Chefs (jetzt Ex-Chefs) mit einem Gefühl unendlicher Befreiung, welches man wohl nur in ähnlicher Form erlebt, wenn man nach Stunden des Wartens endlich Pinkeln gehen darf.
Ok, diese Zeilen sollen für heute genügen. In ein paar Tagen erzähle ich dann, was unmittelbar nach den Geschehnissen im Büro passierte.
Dann erfahrt ihr auch, warum dieser Bericht
„Auf nach Panama“ heißt.
Eines kann ich an dieser Stelle schon verraten:
Hinter mir liegen sehr merkwürdige Tage.
Aber ich habe so das Gefühl, dass ich sie bitter nötig hatte.
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Samstag, 2. Juni 2007
Das Leben ist schön...
tobi-wan, 01:13h
…diesen Satz meiner Mutter werde ich im Gedächtnis behalten, und zwar für immer.
Sie hat ihn mir nicht nur gesagt, jeden Abend vor dem Schlafengehen (ich muss so um die sechs Jahre alt gewesen sein), sie hat ihn gelebt.
Es fing schon damit an, dass ich streng genommen ein Unfall war. Ihr Freund riet ihr damals zur Abtreibung, wobei „raten“ noch sehr nett ausgedrückt ist. Doch meine Mutter, gerade 22 Jahre alt, ignorierte die blauen Flecken und das verzweifelt brutale Drängen ihres Freundes und freute sich auf den Tag, an dem ich auf die Welt kommen sollte.
Das Leben ist schön.
Ich bin sicher, so klangen die ersten Worte, die ich als Baby hörte. Sie muss ehrlich glücklich gewesen sein, als dieser kleine unbeholfene Mensch endlich in ihren Armen lag und sie die Neugierde in seinen winzigen Augen sehen durfte. Da wusste sie, wie sehr es sich gelohnt hatte, mich zu behalten, und vor allem, dass sie sich stark genug für die Verantwortung fühlte, die vor ihr lag.
Etwas, was von meinem Vater nicht behauptet werden kann.
Aber das erste, was meine Mutter tat, nachdem er uns beide aus der Wohnung geschmissen hatte, war, mit mir an den See zu fahren.
Habt ihr Euch schon mal einfach nur ans Ufer gesetzt und zugehört, wie das Geräusch des Wassers klingt oder die Stimmen der Vögel?
Macht man so etwas heute überhaupt noch?
Wie auch immer, meine ersten Kindheitsjahre verliefen glücklich, weil meine Mutter dafür sorgte. Natürlich fiel es ihr nicht leicht, sich um mich zu kümmern, in dieser kleinen neuen Wohnung und wo ihr doch nur noch wenige Freunde geblieben waren, die sie in ihrer neuen Lebenssituation unterstützen wollten.
Es muss Momente gegeben haben, in der die Verzweiflung Überhand gewann, die Verantwortung zur drückenden Last wurde und sich ein Gefühl der Einsamkeit über die ganze Wohnung zu legen drohte.
Doch dann blieb sie nicht sitzen, nein, sie stand auf und lief zu mir hinüber, in mein Zimmer.
Sie sah mich an und wusste, warum sie diesen einen Satz so oft wiederholte:
Das Leben ist schön.
Ich weiß nicht, warum das Leben sich nicht mehr anstrengte, um meiner Mutter zu zeigen, wie Recht sie hatte.
Was es mit dem Menschen gemacht haben muss, der sie vor eine U-Bahn geschubst hat, als ich zehn Jahre alt und sie auf dem Weg zu ihrer ersten richtigen Ausbildung war.
Wie sich der U-Bahn- Fahrer dabei fühlte oder was er für ein Leben führte.
Wie oft ich danach weinen musste und daran dachte, dass meine Mutter mit ihrer Einstellung eine Lügnerin ist.
Aber jetzt weiß ich, wie Recht sie trotz allem hatte.
Es ist eine besondere Kunst, die Bedeutung des folgenden Satzes zu verstehen:
Das Leben ist schön.
Sie hat ihn mir nicht nur gesagt, jeden Abend vor dem Schlafengehen (ich muss so um die sechs Jahre alt gewesen sein), sie hat ihn gelebt.
Es fing schon damit an, dass ich streng genommen ein Unfall war. Ihr Freund riet ihr damals zur Abtreibung, wobei „raten“ noch sehr nett ausgedrückt ist. Doch meine Mutter, gerade 22 Jahre alt, ignorierte die blauen Flecken und das verzweifelt brutale Drängen ihres Freundes und freute sich auf den Tag, an dem ich auf die Welt kommen sollte.
Das Leben ist schön.
Ich bin sicher, so klangen die ersten Worte, die ich als Baby hörte. Sie muss ehrlich glücklich gewesen sein, als dieser kleine unbeholfene Mensch endlich in ihren Armen lag und sie die Neugierde in seinen winzigen Augen sehen durfte. Da wusste sie, wie sehr es sich gelohnt hatte, mich zu behalten, und vor allem, dass sie sich stark genug für die Verantwortung fühlte, die vor ihr lag.
Etwas, was von meinem Vater nicht behauptet werden kann.
Aber das erste, was meine Mutter tat, nachdem er uns beide aus der Wohnung geschmissen hatte, war, mit mir an den See zu fahren.
Habt ihr Euch schon mal einfach nur ans Ufer gesetzt und zugehört, wie das Geräusch des Wassers klingt oder die Stimmen der Vögel?
Macht man so etwas heute überhaupt noch?
Wie auch immer, meine ersten Kindheitsjahre verliefen glücklich, weil meine Mutter dafür sorgte. Natürlich fiel es ihr nicht leicht, sich um mich zu kümmern, in dieser kleinen neuen Wohnung und wo ihr doch nur noch wenige Freunde geblieben waren, die sie in ihrer neuen Lebenssituation unterstützen wollten.
Es muss Momente gegeben haben, in der die Verzweiflung Überhand gewann, die Verantwortung zur drückenden Last wurde und sich ein Gefühl der Einsamkeit über die ganze Wohnung zu legen drohte.
Doch dann blieb sie nicht sitzen, nein, sie stand auf und lief zu mir hinüber, in mein Zimmer.
Sie sah mich an und wusste, warum sie diesen einen Satz so oft wiederholte:
Das Leben ist schön.
Ich weiß nicht, warum das Leben sich nicht mehr anstrengte, um meiner Mutter zu zeigen, wie Recht sie hatte.
Was es mit dem Menschen gemacht haben muss, der sie vor eine U-Bahn geschubst hat, als ich zehn Jahre alt und sie auf dem Weg zu ihrer ersten richtigen Ausbildung war.
Wie sich der U-Bahn- Fahrer dabei fühlte oder was er für ein Leben führte.
Wie oft ich danach weinen musste und daran dachte, dass meine Mutter mit ihrer Einstellung eine Lügnerin ist.
Aber jetzt weiß ich, wie Recht sie trotz allem hatte.
Es ist eine besondere Kunst, die Bedeutung des folgenden Satzes zu verstehen:
Das Leben ist schön.
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Samstag, 26. Mai 2007
Ein Geständnis
tobi-wan, 16:04h
Hallo liebe Welt,
ich denke, die Zeit ist reif für ein kleines Geständnis.
Ja, ich bekenne mich schuldig. Nein, niemand anderes hat Schuld, sie liegt bei mir, bei mir alleine.
Was ich denn Schlimmes getan habe?
Nun, ob es wirklich als schlimm zu bezeichnen ist, darüber mögen andere urteilen, ich stelle nur die Fakten dar:
Ich bin ein Verräter.
An wem ich Verrat begangen habe?
Die Person, die von mir verraten wurde, steht mir sehr nahe, ich kenne sie gut (zumindest glaube ich das).
Ich sehe sie auf Fotos, dort lächelt sie, oder wenn ich in einen Spiegel blicke, aber dann bleibt ihre Miene meist starr.
Eines Morgens bin ich dann aufgewacht und war von meiner Entscheidung überzeugt.
Klar, Veränderungen fallen oft deshalb schwer, weil man Gewohntes aufgeben muss. Nach etwa einem Monat jedoch hatte ich den härtesten Teil hinter mir. Endlich wurde ich angelächelt, wann immer ich in einen Spiegel sah.
Ich denke, dass ich meinen Verrat von mir aus gar nicht bemerkt hätte. Hierzu bedurfte es meine besten Freunde (Damit meine ich die, welche ich schon vor besagtem Morgen als solche bezeichnete).
Nicht falsch verstehen, die sahen mich gerne lächeln.
Aber sie wollten, dass ich es wieder so tat wie früher, wenn mir wirklich danach war.
ich denke, die Zeit ist reif für ein kleines Geständnis.
Ja, ich bekenne mich schuldig. Nein, niemand anderes hat Schuld, sie liegt bei mir, bei mir alleine.
Was ich denn Schlimmes getan habe?
Nun, ob es wirklich als schlimm zu bezeichnen ist, darüber mögen andere urteilen, ich stelle nur die Fakten dar:
Ich bin ein Verräter.
An wem ich Verrat begangen habe?
Die Person, die von mir verraten wurde, steht mir sehr nahe, ich kenne sie gut (zumindest glaube ich das).
Ich sehe sie auf Fotos, dort lächelt sie, oder wenn ich in einen Spiegel blicke, aber dann bleibt ihre Miene meist starr.
Eines Morgens bin ich dann aufgewacht und war von meiner Entscheidung überzeugt.
Klar, Veränderungen fallen oft deshalb schwer, weil man Gewohntes aufgeben muss. Nach etwa einem Monat jedoch hatte ich den härtesten Teil hinter mir. Endlich wurde ich angelächelt, wann immer ich in einen Spiegel sah.
Ich denke, dass ich meinen Verrat von mir aus gar nicht bemerkt hätte. Hierzu bedurfte es meine besten Freunde (Damit meine ich die, welche ich schon vor besagtem Morgen als solche bezeichnete).
Nicht falsch verstehen, die sahen mich gerne lächeln.
Aber sie wollten, dass ich es wieder so tat wie früher, wenn mir wirklich danach war.
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Freitag, 18. Mai 2007
Paul
tobi-wan, 20:06h
Ich erzähle Euch jetzt eine kleine Geschichte, doch seid gewarnt, denn schön ist sie nicht. Bitte erwartet keinen Spannungsbogen oder eine Überraschung am Ende.
Der Protagonist dieser Geschichte, nennen wir ihn Paul, wird sich zum Schluss umbringen. Klar, dieser Umstand schockiert an dieser Stelle keinen, denn ihr wisst von Paul bisher nicht mehr als seinen Namen.
Aber was macht diesen Paul nun so besonders, dass ich von ihm erzählen möchte?
Würde man diese Frage einem seiner Freunde stellen, entstünde mit großer Wahrscheinlichkeit eine nachdenkliche Stille, an deren Ende Aussagen wie „Paul ist ein netter Kerl“
oder „Paul ist ein guter Kumpel“ fallen würden.
Aha. Wisst ihr jetzt mehr von Paul? Eher nicht.
Gut, dann versuche ich es ein bisschen ausführlicher:
Paul hat meistens gelächelt. Wirklich gelacht selten, aber mit seinem leicht zurückhaltenden Lächeln war er als Gesprächspartner sehr angenehm.
Er war nie taktlos, aufmüpfig oder altklug, und hat andere immer ausreden lassen.
Wenn im Freundeskreis Unternehmungen anstanden, war Paul fast immer und ohne Diskussion dabei. Anschließend half er oft dem einen oder anderen Kumpel, der in der Kneipe die Bedienung ein paar Mal zu oft bemüht hatte, beim Nachhausekommen. Er selbst fand den Weg immer alleine.
Doch soll hier nicht der Eindruck entstehen, dass Paul langweilig war. Er gehörte vielleicht nicht zu den ersten, die in Unterwäsche über den Schulhof der katholischen Grundschule gerannt sind, doch stand er dabei und hat die Kumpels mit der Kamera gefilmt, um die Erinnerung zu konservieren.
Sein Problem bestand eher darin, dass er in der Menschenmenge das Profil verlor, man konnte ihn dann leicht übersehen. Er selbst nahm irgendwann an, er sei unsichtbar. Seine Erscheinung wurde vielleicht wahrgenommen, hinterließ beim Betrachter aber keine bleibenden Einträge im Gedächtnis oder auch nur die schwächste Spur eines Gefühls.
Auf seiner Geburtstagsparty war es fast so, als sei er gar nicht richtig anwesend.
Zwei Wochen später trafen die Freunde dann wieder zusammen, um Paul die letzte Ehre zu erweisen. Er hatte sich kurz nach besagter Party aus dem Fenster seiner Wohnung gestürzt.
Dabei lief wieder die Kamera.
Damit seine Freunde ein letztes Mal sehen konnten, wie er lächelte.
Ich habe euch ja vorher gesagt, dass Pauls Geschichte kein gutes Ende nimmt.
Bleibt von meiner Seite nur noch eines festzuhalten:
Ganz zum Schluss hat Paul doch einen Platz im Gedächtnis seiner Freunde gefunden.
Aber ich bin mir wirklich nicht sicher, ob er sich darüber freuen würde.
Der Protagonist dieser Geschichte, nennen wir ihn Paul, wird sich zum Schluss umbringen. Klar, dieser Umstand schockiert an dieser Stelle keinen, denn ihr wisst von Paul bisher nicht mehr als seinen Namen.
Aber was macht diesen Paul nun so besonders, dass ich von ihm erzählen möchte?
Würde man diese Frage einem seiner Freunde stellen, entstünde mit großer Wahrscheinlichkeit eine nachdenkliche Stille, an deren Ende Aussagen wie „Paul ist ein netter Kerl“
oder „Paul ist ein guter Kumpel“ fallen würden.
Aha. Wisst ihr jetzt mehr von Paul? Eher nicht.
Gut, dann versuche ich es ein bisschen ausführlicher:
Paul hat meistens gelächelt. Wirklich gelacht selten, aber mit seinem leicht zurückhaltenden Lächeln war er als Gesprächspartner sehr angenehm.
Er war nie taktlos, aufmüpfig oder altklug, und hat andere immer ausreden lassen.
Wenn im Freundeskreis Unternehmungen anstanden, war Paul fast immer und ohne Diskussion dabei. Anschließend half er oft dem einen oder anderen Kumpel, der in der Kneipe die Bedienung ein paar Mal zu oft bemüht hatte, beim Nachhausekommen. Er selbst fand den Weg immer alleine.
Doch soll hier nicht der Eindruck entstehen, dass Paul langweilig war. Er gehörte vielleicht nicht zu den ersten, die in Unterwäsche über den Schulhof der katholischen Grundschule gerannt sind, doch stand er dabei und hat die Kumpels mit der Kamera gefilmt, um die Erinnerung zu konservieren.
Sein Problem bestand eher darin, dass er in der Menschenmenge das Profil verlor, man konnte ihn dann leicht übersehen. Er selbst nahm irgendwann an, er sei unsichtbar. Seine Erscheinung wurde vielleicht wahrgenommen, hinterließ beim Betrachter aber keine bleibenden Einträge im Gedächtnis oder auch nur die schwächste Spur eines Gefühls.
Auf seiner Geburtstagsparty war es fast so, als sei er gar nicht richtig anwesend.
Zwei Wochen später trafen die Freunde dann wieder zusammen, um Paul die letzte Ehre zu erweisen. Er hatte sich kurz nach besagter Party aus dem Fenster seiner Wohnung gestürzt.
Dabei lief wieder die Kamera.
Damit seine Freunde ein letztes Mal sehen konnten, wie er lächelte.
Ich habe euch ja vorher gesagt, dass Pauls Geschichte kein gutes Ende nimmt.
Bleibt von meiner Seite nur noch eines festzuhalten:
Ganz zum Schluss hat Paul doch einen Platz im Gedächtnis seiner Freunde gefunden.
Aber ich bin mir wirklich nicht sicher, ob er sich darüber freuen würde.
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