Samstag, 8. Dezember 2007
Das ewige Warten (Eine einfache, komplizierte Frage, Teil 3)
Die Tasche mit den Uni-Sachen fliegt in die Ecke, in der sie wohl oder übel übers Wochenende liegen bleiben wird, denn an das Lernen will sie jetzt keinen Gedanken verschwenden. Ihre Katze kommt und streicht um ihre Beine, aber auch diese Form der Zuneigung kann ihre Tränen nicht zurückhalten.
Sie denkt nicht daran, sich etwas zum Essen zu machen, sondern greift sofort das Telefon, noch bevor sie ihren Mantel ablegt. Die Schnellwahltaste gedrückt, keine drei Sekunden gewartet, schon endet das Freizeichen.
„Na endlich Süße, ich dachte schon, Du rufst nie an…“
Ihre Hand klammert sich fester um den Telefonhörer.
„Hey, Tina…“
Am anderen Ende der Leitung ist nur ein kurzes Zögern zu vernehmen, dann ändert sich die Stimmlage in trauriges Mitfühlen.
„Es ist nicht gut gelaufen, stimmt's Süße?“
Sie schnieft ein wenig und antwortet dann mit brüchiger Stimme.
„Ich habe keine Chance mehr bei ihm, das ist so unfair…“
Tina unterbricht sie sofort.
„Du weißt doch, Männer sind Schweine. Sie wecken Erwartungen in Dir, nur um sich begehrt zu fühlen, nicht weil sie vorhaben, die irgendwann zu erwidern.“
Erneut beginnt sie zu weinen, doch am Sprechen hindert sie das nicht.
„Ich warte jetzt so lange auf den Richtigen, und endlich war ich mir sicher, dass er es ist, und dann lässt er mich einfach abblitzen, obwohl ich ganz genau weiß, wie er früher auf mich stand…“
„Ich weiß doch Süße…“
„…nach all diesen Fehlschlägen…“
Sie schnieft wieder.
„Ja, ich versteh Dich doch…“
„Ich meine, guck Dir doch meine ganzen Ex-Freunde mal an, das waren doch im Prinzip alles Pfeifen…
Erst Michael, immer lieb, ja, aber irgendwie schon bald so ohne Leidenschaft, dann Basti, der wollte doch eh immer nur das eine, Daniel, belügt mich von wegen kurz vor der Promotion und so…“
Tina nickt an ihrem Telefon mitfühlend mit dem Kopf.
„…Dann im letzten Jahr Tobi…“
„Der war ja mal total komisch, das habe ich Dir aber von Anfang an gesagt…“
„…Ja, ich weiß auch nicht, irgendwie soll es einfach nicht sein mit dem perfekten Mann…Warte mal, es klingelt gerade an der Tür…“
Sie geht noch mit dem Hörer am Ohr zum Spion und sieht hindurch.
„Es ist Alex…“
Tinas Stimme kann ihre Irritation nicht verbergen.
„Was will der denn jetzt?“
„Keine Ahnung, aber für den habe ich gerade mal überhaupt keinen Nerv…“
Also geht sie zurück zur Couch, legt sich hin, so dass die Beine über die Lehne baumeln, und redet mit Tina die nächsten vier Stunden über Dinge, die nur Frauen verstehen, während im Mülleimer an der Bushaltestelle nicht weit von ihrer Wohnung ein frischer Strauß Blumen kurz davor ist, mit dem Welken anzufangen.


Der Tragödie zweiter Teil

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