Freitag, 6. Juli 2007
Auf nach Panama - Teil 5
Wenn man verliebt ist, spielt es da eine Rolle, wo man sich befindet? Ob dabei die Sonne scheint, den ganzen Tag, sodass der Sand am Strand auch abends noch warm ist? Kommt es nicht viel mehr auf die Person an, mit der man im Sand liegt? Der man ins Gesicht blickt, wissend, wie sehr sich der weite Weg gelohnt hat, zu ihr an den Strand, nach Panama.
„Wenn Du hier bist, sind mir die Palmen egal, der weiße Sand, die Sonne.“
Hört sich das jetzt für Dich kitschig an?
Wenn ja, dann liegt es wohl daran, dass Du gerade nicht verliebt bist. Ich kann Dich verstehen. Eigentlich war ich nur einmal wirklich verliebt. Hat aber nicht viel Spaß gemacht, weil ich so gar nicht in ihr Beuteschema passte. Man macht sich dann etwas vor und sucht Hoffnung, wo keine ist (wie immer im Leben). Du kennst das.
Unsere Mutter war auch verliebt. Ebenfalls nur einmal, wie sie immer wieder betonte.
Verliebt in Panama. Nicht in das Land, sondern in einen ihrer Bewohner.
Sie lernte ihn kennen, als sie ihr Weg während des Studiums in dieses ferne und so unbekannte Land verschlug. Reichtum konnte er ihr als Fischer keinen bieten. Wurde sie gefragt, warum sie sich in ihn verliebte, dann antwortete sie stets:
Weil er auch noch an mich denken wird, wenn ich längst wieder zuhause bin.
Und so kam es dann auch. Meine Mutter, Natalie, musste wieder heim.
Vorbei waren sie, die Abende am Strand. Sie boten mit der Aussicht auf das ruhige Meer die richtige Kulisse für Dinge, die verliebte tun möchten.
Das Studium rief, oder besser gesagt:
Die Verpflichtungen.
Hätte sie auf ihr Herz gehört, wäre sie bei ihm am Strand geblieben.
Dort, wo die Sonne…Sagt mal, geht Euch dieses Geschnulze gerade so auf den Sack wie mir?
Ist ja kaum zu ertragen. Aber mein Bruder hat es genau so erzählt. Und das, obwohl seine Augen (und des Öfteren auch Hände) an Mr. Big klebten.
Ich wusste kaum, was schlimmer war:
Ein Mr. Big mit immer weniger Klamotten (er startete seine Show in Polizei-Uniform, wie originell), oder die Erzählung von Arne. Nur einmal unterbrach er sie, und zwar als Mister Big die letzte Hülle fallen ließ. Der Moment also, vor dem mir Angst und Bange war (beruhigt kann ich feststellen: Ich hatte mit etwas größerem gerechnet…).
Arnes Reaktion zu beschreiben fällt nicht leicht. Unglaube zeigte sich in seinem Blick, das leichte Zurücknehmen des Kopfes signalisierte gar Enttäuschung. Plötzlich sprang er auf, brüllte „Fuck“ und verließ den Raum. Dumm, dass ich nun mit Mr. Big alleine zurückblieb. Ich denke, er empfand das Verhalten meines Bruders als persönliche Beleidigung. Jedenfalls sagte er kein Wort mehr, sondern schritt nur schmollend davon. Später bin ich zu meinem Bruder gegangen, um mit ihm über seinen denkwürdigen Abgang zu reden.
Er saß einsam im Auto und dachte intensiv nach. Wie immer bei solchen Gesprächen, bei denen es um Gefühle geht (und Männer reden), fiel mir der Einstieg schwer. Wie sollte ich auch anfangen?
„Tut mir Leid, dass Mr. Big nicht halten konnte, was er versprochen hat???“.
Glücklicherweise kam mir Arne zuvor.
„Ich dachte, dass es bei ihm echt klappen könnte.“
Meine Verwirrung begann zu wachsen.
„Ihr kanntet euch vorher? Hattest Du Gefühle für ihn?“
Arne nahm einen tiefen Zug, und mir wurde wieder schlecht.
Ich musste an das Mädchen denken, dem ich damals ins Gesicht gekotzt hatte.
„Alter, ich bin nicht schwul. Aber ich dachte, ich könnte es werden.“
Nun wusste ich endgültig keine Antwort mehr.
Also machte Arne weiter.
„Bruder, ich sag` Dir jetzt mal was: Ich kannte noch keine Frau, die es wirklich verdient hatte, mich zu besitzen. Einer Schlampe folgte die nächste, die eine schlimmer als die andere. Sobald ich mir sicher sein konnte, dass ich endlich bei der richtigen gelandet war, ließ sie ihre Maske fallen und ich starrte direkt in ihr abschreckendes Gesicht. Da gibt’s nur eine Lösung: Wechsle das Geschlecht Deines Interesses!“
Nun verstand ich den Plan meines Bruders und hielt ihn –zumindest von der Idee her- für gar nicht so blöd.
Arne fuhr fort.
„Dummerweise kommst Du nicht gegen bestimmte Dinge an, die in Deiner Natur festgelegt sind, da kannst Du noch so lange auf nackte Männerkörper starren. Ich bin an das weibliche Geschlecht gebunden, und ich hasse das. Früher oder später verliebst Du Dich wieder, und dann können sie mit Dir machen, was sie wollen.
Verstehst Du, die Frauen wissen einfach, wie sie das ausnutzen können. Seit Eva damals den verbotenen Apfel gegessen hat, haben uns die Weiber in der Summe mehr Ärger gemacht, als sie uns genützt haben…“
Arne philosophierte noch lange weiter, aber meine Gedanken schweiften ab. Mama war also nur einmal im Leben richtig verliebt gewesen, und zwar in einen Mann, den sie in Panama kennengelernt hatte. Langsam begann ich zu begreifen, wie die Urne in Arnes Kofferraum mit unserer Reise nach Panama zusammenpasste. Mein Bruder hatte vor, sie bei dem Menschen zu beerdigen, für den sie immer nach Panama zurückkehren wollte, wenn ihre Lebensumstände es nicht verhindert hätten. So schlecht seine Meinung von Frauen auch war, von der Liebe schien er doch noch einiges zu halten…

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