Freitag, 29. Juni 2007
Auf nach Panama - Teil 4
Im Kino hasse ich Cliffhanger. Das Ende wird bewusst offen gelassen, damit der Zuschauer auf jeden Fall auch in die Fortsetzung rennt. Beim letzten Teil meines Reiseberichts habe ich mich genau dieses Tricks bedient, und ein bisschen lässt mich das schon nachdenklich werden: Habe ich etwa Angst, dass sich keiner mehr dafür interessiert, wie meine Reise nach Panama weitergeht?
Wenn´s nach dem Polizisten gegangen wäre, hätte die Unternehmung sofort ein Ende gefunden, nachdem er mitbekommen hat, dass wir unsere tote Mutter im Kofferraum verstecken wollten. Nun ja, man sollte aber nie vergessen, dass jeder Mensch gewisse Bedürfnisse hat, auch ein Polizist. Wie es der Zufall so wollte, deckten sich seine Bedürfnisse mit denen meines Bruders. Sicherlich bekam mein Bruder beim folgenden Tauschhandel nicht den üblichen Geldwert, dafür jedoch etwas für uns beide viel Wichtigeres: Die Freiheit, unseren langen Weg nach Panama nebst toter Mutter im Kofferraum (von der ich bis dahin nichts wusste, aber dazu später mehr) fortsetzen zu können. Doch damit nicht genug: Arne war wirklich ein sehr anständiger Geschäftsmann, und als solcher ließ er es sich nicht nehmen, seinem neuen Kunden eine ganz besondere eigene Kreation zur kostenlosen Verköstigung anzubieten: Selbst gebackene Kekse, die er aus einem versteckten Fach unter dem Fahrersitz kramte. Darüber war der Polizist so erfreut, dass er uns, nachdem sein Lachflash vorüber war (ausgelöst durch einen Stein mit der angeblichen Form von Elvis` Kopf), nur noch eine gute Weiterfahrt wünschte und sich ausdrücklich für alle entstandenen Unannehmlichkeiten entschuldigte.
Ja, das war wirklich lustig.
Im Gegensatz zu dem Polizisten konnte ich aber nicht vergessen, dass mein Bruder offensichtlich unsere tote Mutter im Kofferraum transportierte, ohne mir etwas davon zu sagen.
Natürlich wusste er, dass er mir eine Erklärung schuldete
(Ich war der festen Überzeugung, dass sie auf dem städtischen Friedhof lag.).
Deswegen schlug er vor, einen Flieger später zu nehmen und an einem ruhigen Ort über alles zu reden. Ich war einverstanden, doch im Nachhinein bereue ich ein wenig, ihn diesen „ruhigen Ort“ ausgesucht haben zu lassen.
Ich meine, es ist schwer vorstellbar, aber die Definitionen von „ruhig“ können durchaus sehr weit auseinandergehen. In Gedanken träumte ich mich zum Beispiel an einen Ort abseits vom Lärm der Zivilisation, etwa ans Ufer eines abgelegenen Sees. Einfach ein wenig Ruhe bekommen, das wäre nicht schlecht gewesen. Schließlich hatte ich in den letzten Tagen mit groben Beleidigungen meines Chefs die Kündigung erwirkt, meinen dauer-kiffenden Bruder wiedergetroffen, ihm eingewilligt, total überstürzt eine völlig unorganisierte Reise nach Panama anzutreten, nicht verhindert, dass Arne einen Staatsdiener mit Marihuana gefügig machte und gerade realisiert, dass sich die Überreste meiner Mutter im Kofferraum des Autos meines Bruders befand. Also, ein wenig Ruhe hätte jetzt nicht geschadet.
Aber könnt Ihr Euch denken, wie viel Ruhe man bekommt, wenn man versucht, mit seinem Bruder zu reden, während dieser damit beschäftigt ist, in unregelmäßigen Abständen Geldscheine in intime Körperstellen eines aus seiner Sicht offenbar äußerst attraktiven Strippers zu stecken? Ja, richtig verstanden, STRIPPER, und nicht Stripperin! Ihr ahnt es bereits, Arnes Ort der Ruhe lag weder an einem See noch war er ein gemütliches Restaurant. Er hörte viel mehr auf den Namen „Maison Derrière“. Dessen Besitzer schien meinen Bruder irgendwie ziemlich gut zu kennen, und so kam es, dass wir uns bald in einem exklusiven Hinterzimmer dieses Hauses befanden, nur Arne, Ich, Champagner und ein ungemein bequemes Sofa. Ach ja, und natürlich Mr. Big, der sich alsbald zu uns gesellte. Es ist fast unmöglich zu beschreiben, wie Arne es schaffte, mir in dieser Umgebung die Geschichte unserer Mutter zu erzählen. Die ganze Zeit über konnte ich die eigentliche Bequemlichkeit des Sofas oder den ohne Frage ausgezeichneten Champagner nicht richtig genießen.
Dass mein Bruder offenbar mehr Gemeinsamkeiten mit dem schwulen Engel aus dem letzten Teil des Reiseberichts hatte, war die eine Sache. Aber ich wollte auf keinen Fall mit eigenen Augen erfahren müssen, wie Mr. Big zu seinem Spitznamen kam. So war ich während Arnes Erzählung überwiegend damit beschäftigt, darauf zu hoffen, dass mein Bruder fertig wurde, solange die letzte Hülle bei Mr. Big noch nicht gefallen war (Nein, ich bin nicht neidisch verdammt nochmal, es gibt schließlich wichtigere Kriterien als die Größe…Wobei die auch gar nicht mein Problem ist…Nur nützt sie nichts ohne die richtige Technik…die ich selbstverständlich beherrsche… ).
Was mir Arne über unsere Mutter erzählte, wenn er sein Geld gerade nicht zu Mr. Big steckte?
Warum sich ihre Überreste im Kofferraum seines Autos befanden? (Gemeint ist eine Urne, soviel sei hier verraten.)
Was die Antworten auf diese Fragen noch mit Panama zu tun haben?
Das erzähle ich Euch nächstes Mal.
Ihr merkt schon: Irgendwie stehe ich doch auf Cliffhanger…

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