Freitag, 22. Juni 2007
Auf nach Panama - Teil 3
Vorurteile machen das Leben leichter.
Sie ersparen uns die Mühe, das Gegenüber erst in langwierigen Gesprächen kennenlernen zu müssen und erlauben uns stattdessen, eine Person in Sekundenbruchteilen zu klassifizieren, vom Äußeren her. Für einen Menschen mit Vorurteilen gegenüber anderen Menschen sind diese nicht haltlos und einseitig, sondern natürlich stets durch eigene Erfahrungen belegt.
Leute hingegen, die von sich behaupten, frei von Vorurteilen zu sein, bekommen immer in dem Moment ein Problem, wenn sich gewisse Vorurteile doch bestätigen. Dann taucht über der einen Schulter plötzlich das kleine Teufelchen auf und ruft zum Engelchen auf der anderen Schulter hinüber: „Ich hab´s ihm gleich gesagt, aber er musste ja auf Dich hören, Du liberale Schwuppe!“
(Um allen Missverständnissen vorzubeugen: Weder sorgte meine Reise nach Panama bisher für Halluzinationen, noch stehe ich auf kleine schwule Engel…Das heißt jetzt aber nicht, dass ich was gegen Schwule im Allgemeinen bzw. schwule Engel im Besonderen habe… Nein, ich bin tolerant und liberal und frei von Vorurteilen…aber es bringt mich zu der Überlegung, wie wohl die Kirche zum Thema Homosexualität unter Engeln denkt…naja, ich schweife wieder ab…)
Bei mir jedenfalls trat so ein Fall ein, als Arne (so heißt mein Bruder) den Polizisten, der uns durch energisches Winken mit seiner Kelle zum Halten nötigte, obwohl wir uns doch in wichtiger Mission auf dem Weg zum Flughafen befanden, mit den Worten „Friede sei mit Dir, mein uniformierter Freund“ begrüßte. Da sitzt Du dann daneben und denkst Dir:
„In Ordnung, wenn der Bulle nicht schon aufgrund des psychedelischen Farbstils von Auto und Fahrer bzw. dessen Frisur in die Lage versetzt wurde, die Drogen förmlich riechen zu können, dann doch spätestens nach dieser Begrüßung. Kiffer sind also tatsächlich weniger dazu in der Lage, die logischen Konsequenzen ihres Handelns abzuschätzen.“
Die Antwort des uniformierten Freundes beschränkte sich folglich auch auf die energische Aufforderung, dass mein Bruder sein Fahrzeug umgehend verlassen und sich wegen dringenden Verdachtes einer Drogenkontrolle unterziehen musste.
Ich betrachtete das Schauspiel mit einiger Gelassenheit, weil ich sicher sein konnte, dass Arne weder groß zu schnell gefahren war, noch in den letzten Stunden intensiv nachgedacht hatte (eine seiner zahlreichen Umschreibungen für „kiffen“.).
Und tatsächlich konnte meinem Bruder kein Drogenkonsum nachgewiesen werden, was ihn wiederum einen Apell an den Polizeibeamten richten ließ, demnach sich „der uniformierte Staatssklave in Zukunft doch bitte weniger von Vorurteilen lenken lassen solle“.
Mein Grinsen über Arnes nicht von der Hand zu weisende rhetorische Begabung verschwand jedoch gleich, als der Polizist ihn aufforderte, jetzt bitte den Kofferraum zu öffnen.
Da erschien es wieder, das kleine Teufelchen (bitte nur als Metapher verstehen) und erzählte mir von Drogen im Kofferraum meines Bruders.
Überzeugen konnte mich diese Theorie aber zunächst deshalb nicht, weil ich Arne für intelligent genug hielt, seinen Stoff im Auto vernünftig zu verstecken. Nachdem er den Kofferraum dann widerwillig geöffnet hatte, säte die aufgeregte Stimme des Polizisten aber doch erhebliche Zweifel in mir.
Zur allgemeinen Erheiterung und auch ein bisschen aus Faulheit versuche ich jetzt mal, das folgende Gespräch zwischen Arne und dem Polizisten so detailgetreu wie möglich wiederzugeben, aber danach ist Schluss für heute.
„Was liegt dort unter der Decke?“
„Das geht Sie gar nichts an, mein grüner Freund.“
„Entfernen Sie unverzüglich die Decke und zeigen Sie mir, was sich darunter verbirgt.“
„Die Zahl der autoritären Schwingungen wird mir gerade eindeutig zu hoch…“
Voller Ungeduld riss der Polizist die Decke selber beiseite.
Darunter lag ein Paket.
„Öffnen Sie sofort das Paket, oder ich tue es!“
„Wirklich Mann, ich mag Sie, aber das will ich echt nicht machen.“
„Wieso nicht, was ist in dem Paket?“
Mir wurde das Sitzen nun zunehmend unbequemer und ich stellte zum ersten Mal in Frage, ob es eine gute Idee war, mit meinem Bruder nach Panama zu reisen. Die Zweifel verwandelten sich in Gewissheit, als Arne dem Polizisten antwortete. Da war er, der Moment, in dem ich mich zum ersten Mal an meinen Schreibtisch zurückwünschte, mit all seiner Langeweile und Sicherheit. War das meine innere Stimme, die endlich zu mir sprach?
Also, hört oder besser gesagt lest den Satz meines Bruders, der unserer Reise nach Panama neuen Antrieb verlieh
(Schon bemerkenswert, welche Wirkung ein einzelner Satz auf das Innerste eines Menschen haben kann.):

„Du willst wissen, was in dem Paket ist?
Ok, Du autoritätsgeiler grüner Wichtigtuer, ich sage es Dir, damit diese ganzen negativen Energien hier mal aufhören.
Verdammt, da ist das drin, was von meiner hochgeschätzten Mama noch übrig ist, und eines kann ich Dir versichern:
Ihr hätte Dein diktatorischer Tonfall ganz und gar nicht gefallen!“

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