Dienstag, 19. Dezember 2006
Eine einfache komplizierte Frage
Er sah ihr direkt in die Augen, doch lange hielt sie seinem Blick nicht stand.
Schnell wandte sie sich ab und setzte ein nervöses Lächeln auf.
In diesem Moment wusste er, wie ihre Antwort aussehen würde.
Natürlich lies er sich nichts anmerken, schließlich war er ein Kerl.
„Ist in Ordnung, Du brauchst nichts zu sagen, ich verstehe Dich schon….“
Ihr Lächeln verschwand.
„Weißt Du, wir können ja auch einfach nur…“
An dieser Stelle unterbrach er sie.
„Ja, ok…“
Er schaute sie jetzt nicht mehr an.
„Also, ich muss dann mal los, wir sehen uns nächstes Wochenende oder so…“
Damit drehte sie sich um und ging.
In ihm brach etwas zusammen, an dem er sich über all die Monate festgeklammert hatte.
Er wollte endlich etwas riskieren und war gescheitert, was ihm ganz langsam bewusst wurde.
Hinter ihm tauchte sein Kumpel auf.
„Na, wie ist es gelaufen?“
Er bewegte sich kaum, sah ihr immer noch hinterher.
„Suboptimal, würde ich sagen…“
Der Kumpel klopfte ihm auf die Schulter.
„Tja, Frauen sind grausam, jetzt weißt Du es auch.“
Für einen Moment konnte er seinen Blick lösen.
„Nein, nicht alle. Sie ist es nicht, da war ich mir sicher…“
Er blickte nun wieder in die Richtung, in die sie gegangen war.
„Sie ist es nicht.“


Der Tragödie zweiter Teil

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Samstag, 16. Dezember 2006
Bildung bremst!
Hör auf zu denken und fange an zu leben!
Raus mit dem ganzen Ballast, der sich Bildung nennt, er nützt Dir sowieso nichts! Stell die Dinge nicht mehr infrage.
Zweifle auch niemals an Dir selbst, das kostet nur Zeit. Verneble Deinen Verstand (dazu musst Du nicht kreativ sein), und besinne Dich auf das animalische. Überzeuge andere von Deinem neuen, richtigen Lebensstil, etwa durch lautes Abspielen Deiner Lieblingsmusik im Bus.
Sie werden schon noch dahinter komme, wie richtig Du liegst. So viele andere haben es doch längst eingesehen, und bald darfst Du sie alle als Deine Freunde bezeichnen.
Zusammen werdet ihr nicht viel denken, aber sehr glücklich sein.

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Mittwoch, 13. Dezember 2006
Verschwendetes Leben!
Du sitzt in der S-Bahn und weißt, dass Du dort noch etwa eine Stunde verbringen wirst. Dir ist klar, dass Du bis morgen einige Texte lesen solltest, die sich in diesem Moment in Deiner Tasche befinden. Wenn Du zuhause an kommst, ist es spät, und schließlich warten noch andere Aufgaben auf Dich.
Die Tasche steht direkt vor Dir. Es wäre ein leichtes, sie zu öffnen…
Aber da kommt sie, diese umhüllende Müdigkeit, die Deine Augenlider schwerer werden lässt. Schon bald hängt Dein Kopf in ungesunder Haltung auf der Brust, die Geräusche in der Umgebung werden dumpfer und Dein Geist verlässt den engen Wagon.
Jetzt sitzt Du endlich neben ihr, sie hat sich an Deine Schulter gelehnt, und Du lächelst.
Viel zu schnell jedoch bist Du wieder im Wagon, weil eine genervte Stimme Deine Station verkündet hat.
Du gehst nach Hause und machst dort alles Mögliche, aber das Lesen von Texten und der Anruf bei einer ganz besonderen Dame gehören nicht dazu.

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Sonntag, 10. Dezember 2006
Das Treffen
(Vorbemerkung:
Es folgt mal wieder eine Geschichte aus der Kategorie
"Was zum Teufel will uns der Autor damit sagen?", viel Spaß.)

Das Treffen

Der Ort hatte sich schon seit einiger Zeit nicht geändert.
Die kleine Kneipe an der Ecke, mit ihren verschmutzen Scheiben und immer wieder den Selben Gestalten, die sich Abend für Abend hinter der Theke einfanden.
An den mürrischen und vielleicht unterschwellig misstrauischen Blick des Barkeepers hatten sich die beiden längst gewöhnt.
All zu oft kamen sie mit ihm bei ihrem Treffen sowieso nicht in Kontakt, da sich beide für den ganzen Abend immer nur je ein Glas Wasser bestellten.
Wenn man sie so betrachtete, was aufgrund der Dunkelheit in ihrer Ecke schwer viel, dann konnte man bemerken, dass sie sich äußerlich fast nur durch ihre Kleidung unterschieden.
Der eine trug weiß, der andere schwarz, was ihnen bei den Leuten am Tresen die Spitznamen Mr. Black und Mr. White eingebracht hatte. Heute jedoch kam White etwas später, was äußerst ungewöhnlich war.
„Du bis spät dran, ich habe schon bestellt…“
„Zwei Wasser?“
„Wie immer…“
„Ich hatte heute mehr zu tun als sonst, liegt an der Weihnachtszeit…“
Black lächelte spöttisch.
„Willst Du wieder gut machen, was Du dieses Jahr alles verbockt hast…?“
White lehnte sich zurück, und gestattete sich ebenfalls ein Lächeln.
„Du glaubst, dass Du gewonnen hast?“
"Sieht ziemlich schlecht für Dich aus, findest Du nicht? All die Mörder, Lügner und einsamen Seelen, die gehören jetzt alle mir…“
White nahm nun einen Schluck Wasser.
Er tat das langsam, aber bestimmt und sah Black anschließend direkt in die Augen.
„Abgerechnet wird zum Schluss, das weißt Du so gut wie ich…“
Das Lächeln blieb auf Blacks Gesicht.
Er neigte den Kopf ein wenig zur Seite und bemerkte eine junge Frau, die sich ihrem Tisch näherte. Sie trug kaum Make-up und ihre Haare hingen recht wirr an den Schultern, doch ihre Augen leuchteten.
„Schönen guten Abend Jungs, hättet ihr vielleicht ein paar Euro für die vielen Kinder, die dieses Jahr keine Geschenke erwarten?“
Black sah White an.
„Das ist Dein Part, würde ich sagen…“
White zögerte nicht lange und gab der Frau einen Geldschein.
„Vielen Dank, und frohe Weihnachten!“
Nachdem sie sich umgedreht hatte, begann Black leise zu lachen.
„Was ist so komisch?“
„Die Kleine gehört so was von mir, das kannst Du Dir gar nicht vorstellen…“
White zog nur eine Augenbraue nach oben.
„Ich will gar nicht wissen, was sie erwartet, wenn sie nach Hause kommt…“
Black begann nun, lauter zu lachen, sodass er einige Blicke der Herrschaften vom Tresen auf sich zog.
„Ihr Mann jedenfalls nicht mehr.“
Whites Blick blieb starr.
„Du bist ein Dreckssack, aber das ist Dir ja klar.“
„Stimmt.“
„Na ja, letztendlich machen wir beide nur unseren Job, wie Millionen anderer Leute auch, nicht wahr?“
Black erhob sein Glas.
„Möge der bessere gewinnen!“

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Mittwoch, 6. Dezember 2006
Diskutieren Sie!
Seminarprotokoll

Universität: *******
Proseminar: ********
Datum: Heute, irgendwann nach dem Aufstehen.
Dozent: Hr. Prof. Dr. *******
Protokollant: Tobi-Wan

Seminardiskussion

These:
Das Deutsche Bildungssystem eröffnet jedem die gleichen Chancen.

Student 1:
…Blablablabla….Deutsche Bildungssystem ist toll, weil…blablablabla…

Student 2:
…Blablablabla…Deutsche Bildungssystem ist nicht toll, weil…blablablabla…

Student 1:
…Blablablablabla…Student 2, Du liegst falsch…blabla…Ich bin ja so viel klüger als Du….blablabla…deswegen schmeiße ich mit Fachwörtern um mich, die ich selber nicht verstehe und trage jeden Tag in der Uni einen Anzug mit Krawatte… blablabla…

Student 2:
…Blablablablabla…Ok, ich kenne zwar nicht so viele Fachwörter wie Student 1, aber dafür wiederhole ich mich öfter…blablabla…

Student 3:
Blablablablablablabla…Ich gehe lieber gar nicht erst auf die These ein, sondern erzähle mal von was ganz anderem…blablablabla…

Student 4:
Blablablabla…Ich habe lange Haare und deswegen eh immer Recht, Ihr dummen Kapitalistenschweine! ...Blablablabla…


Studentin 5:
Blablablablabla…Gebt den Frauen mehr Rechte, Achselhaare für alle!!!!...Blablablakreischblabla…

Student 6:
(Kein Wortbeitrag, verlässt nach 40 Minuten mit den genuschelten Worten „Bei dem Krach kann man ja nicht mal vernünftig pennen“ den Raum.)

Stundeten 7-40:
(Ebenfalls keine Beiträge, dafür Durchführung anderer sinnvoller Aktivitäten a la „Schiffe–Versenken“, „Löcher–in–der–Decke-Zählen“ und „Geistiger Wet-T-Shirt-Contest der Kommilitoninnen“.)

Fazit:
Die Erde ist eine Scheibe!

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Montag, 4. Dezember 2006
Gefährliche Gedanken
Es ist egal, was Du bist, tust, denkst oder erreicht hast, denn es wird nicht anerkannt.
Du bist ein Geist.
Wenn überhaupt, sieht man deine Hülle.
Es interessiert niemanden wirklich, ob Du da bist.
Oder eben nicht mehr.

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Samstag, 2. Dezember 2006
Klare Sache
Meistens weiß man Dinge erst dann zu schätzen, wenn sie einem fehlen.
Ist der Kopf vernebelt und lassen sich die Gedanken folglich beim besten Willen nicht sammeln, dann kann es schon vorkommen, dass man sich beim Wanken Richtung Toilette die geistige Klarheit von vor ein paar Stunden zurückwünscht.
Hat man es dann dank literweise Wasser geschafft, den gröbsten Nebel aus dem Kopf zu verbannen, wartet schon der nächste Fehler.
Anstatt sich seines gegebenen Verstandes zu bedienen und den Rest des Abends beim Wasser zu bleiben, katapultiert man sich in Minuten in den Zustand geistiger Umnachtung zurück, nur um das dann spätestens am nächsten Morgen zu bereuen.
Da dämmert einem dann nämlich, dass die nächtlichen Eskapaden ihren Weg auf diverse Bild- und Tonträger gefunden haben…

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Mittwoch, 29. November 2006
Die Welt verändern!
Du bist manchmal nahe der Verzweiflung, weil Dich die Welt dazu treibt.
Soviel Dummheit, Ignoranz, Brutalität und Egoismus überall, und Du mitten drin.
Aber Du kannst nichts daran ändern, weil Dir die Kraft dazu fehlt.
Gedrängt in die Rolle des bloßen Beobachters, gefangen im eigenen Körper, gefesselt von Deiner Mutlosigkeit.
In Dir steigt die Wut, doch entladen kannst Du sie nicht.
Stattdessen sitzt Du nur da, und wartest auf den nächsten Tag.

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Sonntag, 26. November 2006
Seht her!
Auf der Tanzfläche, da war er Gott.
Er führe keine Bewegungen aus, sondern erschuf sie.
Seine Partnerin hatte gar keine andere Wahl, als ihm bedingungslos zu folgen.
Sein Lächeln saß auch dann perfekt, wenn er auf der Fläche mit einem Konkurrenten zusammenstieß. Er ließ nicht zu, dass sein makelloses Gesicht der Verachtung Ausdruck verlieh, die dann in ihm aufkeimte.
Es ist überflüssig, lange darauf hinzuweisen, dass ihm keine Fehler unterliefen.
Wenn ein Schritt falsch gesetzt wurde, dann lag das an seiner Partnerin.
Anschließend, in der Kabine, nachdem er sie energisch auf ihr Fehlerverhalten hingewiesen hatte, da keimte fast so etwas wie Mitleid in ihm auf, denn schließlich konnte sie ja nichts für ihre Talentlosigkeit. Sein Ziel war es nun mal, alle Augen im Saal auf sich gerichtet zu haben, sie seinem schöpferischen Akt beiwohnen zu lassen, seine Zuschauer geistig niederknien zu sehen angesichts der Vollkommenheit, die er ihnen bot.
Gut, dass sie nicht sahen, wie er nach dem Pinkeln meist darauf verzichtete, sich die Hände zu waschen.

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Donnerstag, 23. November 2006
Willkommen in Deutschland
...Komm mir nicht zu Nahe…
…und sieh mich bloß nicht direkt an…
…Ich starre hier gerade so schön vor mich hin…
…Wieso habe ich keine Zeitung, in die ich mich zum Schein vertiefen kann…?
…Gut, dass es seit einigen Jahren diese Nachrichtenmonitore gibt…
…die aber dummerweise heute ausgefallen sind…
…Also stattdessen aus dem Fenster gucken…
…Na ja, ist jetzt auch nicht so spannend…
…Am besten ist es immer noch, wenn man die Augen gleich zumacht…
…Mist, jetzt hat mich jemand angerempelt…
…Soll ich die Augen aufmachen…?
…Nee, dann müsste ich ja was sagen…

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