Sonntag, 10. Dezember 2006
Das Treffen
(Vorbemerkung:
Es folgt mal wieder eine Geschichte aus der Kategorie
"Was zum Teufel will uns der Autor damit sagen?", viel Spaß.)

Das Treffen

Der Ort hatte sich schon seit einiger Zeit nicht geändert.
Die kleine Kneipe an der Ecke, mit ihren verschmutzen Scheiben und immer wieder den Selben Gestalten, die sich Abend für Abend hinter der Theke einfanden.
An den mürrischen und vielleicht unterschwellig misstrauischen Blick des Barkeepers hatten sich die beiden längst gewöhnt.
All zu oft kamen sie mit ihm bei ihrem Treffen sowieso nicht in Kontakt, da sich beide für den ganzen Abend immer nur je ein Glas Wasser bestellten.
Wenn man sie so betrachtete, was aufgrund der Dunkelheit in ihrer Ecke schwer viel, dann konnte man bemerken, dass sie sich äußerlich fast nur durch ihre Kleidung unterschieden.
Der eine trug weiß, der andere schwarz, was ihnen bei den Leuten am Tresen die Spitznamen Mr. Black und Mr. White eingebracht hatte. Heute jedoch kam White etwas später, was äußerst ungewöhnlich war.
„Du bis spät dran, ich habe schon bestellt…“
„Zwei Wasser?“
„Wie immer…“
„Ich hatte heute mehr zu tun als sonst, liegt an der Weihnachtszeit…“
Black lächelte spöttisch.
„Willst Du wieder gut machen, was Du dieses Jahr alles verbockt hast…?“
White lehnte sich zurück, und gestattete sich ebenfalls ein Lächeln.
„Du glaubst, dass Du gewonnen hast?“
"Sieht ziemlich schlecht für Dich aus, findest Du nicht? All die Mörder, Lügner und einsamen Seelen, die gehören jetzt alle mir…“
White nahm nun einen Schluck Wasser.
Er tat das langsam, aber bestimmt und sah Black anschließend direkt in die Augen.
„Abgerechnet wird zum Schluss, das weißt Du so gut wie ich…“
Das Lächeln blieb auf Blacks Gesicht.
Er neigte den Kopf ein wenig zur Seite und bemerkte eine junge Frau, die sich ihrem Tisch näherte. Sie trug kaum Make-up und ihre Haare hingen recht wirr an den Schultern, doch ihre Augen leuchteten.
„Schönen guten Abend Jungs, hättet ihr vielleicht ein paar Euro für die vielen Kinder, die dieses Jahr keine Geschenke erwarten?“
Black sah White an.
„Das ist Dein Part, würde ich sagen…“
White zögerte nicht lange und gab der Frau einen Geldschein.
„Vielen Dank, und frohe Weihnachten!“
Nachdem sie sich umgedreht hatte, begann Black leise zu lachen.
„Was ist so komisch?“
„Die Kleine gehört so was von mir, das kannst Du Dir gar nicht vorstellen…“
White zog nur eine Augenbraue nach oben.
„Ich will gar nicht wissen, was sie erwartet, wenn sie nach Hause kommt…“
Black begann nun, lauter zu lachen, sodass er einige Blicke der Herrschaften vom Tresen auf sich zog.
„Ihr Mann jedenfalls nicht mehr.“
Whites Blick blieb starr.
„Du bist ein Dreckssack, aber das ist Dir ja klar.“
„Stimmt.“
„Na ja, letztendlich machen wir beide nur unseren Job, wie Millionen anderer Leute auch, nicht wahr?“
Black erhob sein Glas.
„Möge der bessere gewinnen!“

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