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Freitag, 15. Juni 2007
Auf nach Panama - Teil 2
tobi-wan, 19:52h
Hallo, da bin ich wieder. Ihr erinnert Euch, der 35-jährige Kerl, der seinem Chef in einem Anfall beleidigender und völlig taktloser Ehrlichkeit gesagt hat, was für ein Idiot dieser doch ist und jetzt ohne Job dasteht. Egal, es wurde Zeit, das könnt ihr mir glauben.
Geld ist es momentan nicht, was mir fehlt, sondern etwas anderes.
Habe ne Weile gebraucht, um das rauszufinden…
Kennt ihr das: Ihr wacht morgens auf, und ihr wisst bereits ganz genau, wie der Tag verlaufen wird. Nicht in groben Zügen, sondern alles.
Every fucking detail! Sicherheit muss sein, klar. Aber wenn alle Möglichkeiten bereits zementiert sind, dann kann man früher oder später nicht mehr atmen.
Ich ging also aus diesem Büro raus, nach unten, trat ins Freie, und was machte ich dann?
Ich atmete zum ersten Mal!
Und als ich fertig war?
Dann galt es, eine Entscheidung zu treffen.
Was anfangen mit der neu gewonnenen Freiheit?
Was nun?
Tja, so ist das mit der Freiheit: Wenn man sie endlich hat, dann braucht es eine Weile, sich daran zu gewöhnen.
Dabei kommt es eigentlich nur darauf an, sich bewusst zu werden, was man will. Hier musste ich an die Worte meiner Mama denken:
„Junge, lern endlich, in Dich hineinzuhören!“
Danke Mama, aber das habe ich fast verlernt.
Ich probierte es trotzdem, denn Zeit dafür hatte ich ja jetzt genug, dank meines kleinen Auftritts vorm Chef.
Blöd nur, dass in mir alles so still war.
Nachdem ich also etwa zehn Minuten mit geschlossenen Augen vor der Tür des Bürogebäudes stand und meine innere Stimme mir jede Antwort verweigerte, sah ich ein, dass ich sie so nie zum Sprechen bekommen würde.
Bei Mama funktionierte es immer. Sie saß oft stundenlang auf diesem bunten Teppich im Wohnzimmer und lauschte ihrer inneren Stimme.
Als kleiner Junge fragte ich mich immer, wo dann dieser süßliche Geruch herkam, der sich bei Mamas Selbsterkennungs-Trip in der Wohnung zu verbreiten pflegte. Nach meiner ersten Oberschulparty wusste ich es. Für mich ergab sich nach dem Joint jedoch nur eine Erkenntnis: Wenn ein Mädchen Dir sagt, dass Du sie ankotzt, solltest Du dieser Aussage anschließend nicht auch noch eine wörtliche Bedeutung verleihen…
Ach, ich schweife ab.
Ich hatte Euch ja versprochen, zu erklären, warum mein Reisebericht „Auf nach Panama“ heißt.
Ich bin ehrlich: Von alleine wäre ich wohl nie auf die Idee gekommen, nach Panama zu reisen. Vermutlich würde ich immer noch vor dem Büro stehen und mich von meiner inneren Stimme anschweigen lassen.
Aber zu meinem Glück schenkten mir meine Eltern einen Bruder.
Unser Verhältnis war nie sehr eng, weil er irgendwann zu viel Zeit damit verbrachte, neben meiner Mutter auf dem bunten Teppich zu sitzen und auf die selbe eigentümliche Weise nach der inneren Stimme zu suchen, wie sie es tat.
Jetzt war er so eine Art Künstler und wohnte in einem eigenen Atelier, welches nur ein paar Straßen von meinem ehemaligen Büro entfernt lag. Ich habe seine Kunst nie so wirklich verstanden und konnte mich auch nicht richtig gegen den Eindruck wehren, dass seine Kunden weniger wegen der wirren Farbkleckse auf den Bildern zu ihm kamen, sonder eher wegen dieser besonderen Pflanzen, die er züchtete. Als ich ihm das einmal sagte, reagierte er beleidigt und bezeichnete mich als Kunstbanausen. Egal. In diesem Moment war mein Bruder der einzige, der mir eventuell helfen konnte, meine innere Stimme zum Sprechen zu bewegen.
Nachdem ich ihm meine Situation erklärt und er aufmerksam zugehört hatte, sagte er für eine halbe Minute nichts. Er starrte nur ins Leere und zwirbelte dabei mit der rechten Hand an einer seiner zahlreichen Rasta-Locken.
(Ich musste unweigerlich an eine Studie denken, die sich mit den negativen Auswirkungen von Marihuana auf das Reaktionsvermögen beschäftigte. Nachdem ich sie ihm mal ausgedruckt mitbrachte, diente sie ihm einige Tage später als Papier für einen Joint.)
Als ich begann, mir ernsthafte Sorgen um das geistige Wohlbefinden meines Bruders zu machen, antwortete er mir schließlich doch.
Seine Worte blieben noch lange in meinem Gedächtnis kleben:
“Bruder, komm mit mir nach Panama, da wird Deine innere Stimme reden. Morgen früh geht’s los. Ach nein, doch lieber jetzt gleich, denn das Leben ist kurz.“
Ihr werdet jetzt sicher denken, dass mein Bruder völlig bescheuert ist und ich noch viel mehr. Einfach so nach Panama zu reisen, ohne Route oder einen echten Grund, nur ein Typ auf der Suche nach sich selbst und sein Bruder, dessen bloßes Aussehen schon jeden Zoll-Fahnder in Alarmbereitschaft versetzt.
Ich aber kann euch erwidern:
Endlich hatte ich ein Ziel vor Augen, abwegig zwar oder verrückt, aber es existierte, und sein Name war Panama.
Geld ist es momentan nicht, was mir fehlt, sondern etwas anderes.
Habe ne Weile gebraucht, um das rauszufinden…
Kennt ihr das: Ihr wacht morgens auf, und ihr wisst bereits ganz genau, wie der Tag verlaufen wird. Nicht in groben Zügen, sondern alles.
Every fucking detail! Sicherheit muss sein, klar. Aber wenn alle Möglichkeiten bereits zementiert sind, dann kann man früher oder später nicht mehr atmen.
Ich ging also aus diesem Büro raus, nach unten, trat ins Freie, und was machte ich dann?
Ich atmete zum ersten Mal!
Und als ich fertig war?
Dann galt es, eine Entscheidung zu treffen.
Was anfangen mit der neu gewonnenen Freiheit?
Was nun?
Tja, so ist das mit der Freiheit: Wenn man sie endlich hat, dann braucht es eine Weile, sich daran zu gewöhnen.
Dabei kommt es eigentlich nur darauf an, sich bewusst zu werden, was man will. Hier musste ich an die Worte meiner Mama denken:
„Junge, lern endlich, in Dich hineinzuhören!“
Danke Mama, aber das habe ich fast verlernt.
Ich probierte es trotzdem, denn Zeit dafür hatte ich ja jetzt genug, dank meines kleinen Auftritts vorm Chef.
Blöd nur, dass in mir alles so still war.
Nachdem ich also etwa zehn Minuten mit geschlossenen Augen vor der Tür des Bürogebäudes stand und meine innere Stimme mir jede Antwort verweigerte, sah ich ein, dass ich sie so nie zum Sprechen bekommen würde.
Bei Mama funktionierte es immer. Sie saß oft stundenlang auf diesem bunten Teppich im Wohnzimmer und lauschte ihrer inneren Stimme.
Als kleiner Junge fragte ich mich immer, wo dann dieser süßliche Geruch herkam, der sich bei Mamas Selbsterkennungs-Trip in der Wohnung zu verbreiten pflegte. Nach meiner ersten Oberschulparty wusste ich es. Für mich ergab sich nach dem Joint jedoch nur eine Erkenntnis: Wenn ein Mädchen Dir sagt, dass Du sie ankotzt, solltest Du dieser Aussage anschließend nicht auch noch eine wörtliche Bedeutung verleihen…
Ach, ich schweife ab.
Ich hatte Euch ja versprochen, zu erklären, warum mein Reisebericht „Auf nach Panama“ heißt.
Ich bin ehrlich: Von alleine wäre ich wohl nie auf die Idee gekommen, nach Panama zu reisen. Vermutlich würde ich immer noch vor dem Büro stehen und mich von meiner inneren Stimme anschweigen lassen.
Aber zu meinem Glück schenkten mir meine Eltern einen Bruder.
Unser Verhältnis war nie sehr eng, weil er irgendwann zu viel Zeit damit verbrachte, neben meiner Mutter auf dem bunten Teppich zu sitzen und auf die selbe eigentümliche Weise nach der inneren Stimme zu suchen, wie sie es tat.
Jetzt war er so eine Art Künstler und wohnte in einem eigenen Atelier, welches nur ein paar Straßen von meinem ehemaligen Büro entfernt lag. Ich habe seine Kunst nie so wirklich verstanden und konnte mich auch nicht richtig gegen den Eindruck wehren, dass seine Kunden weniger wegen der wirren Farbkleckse auf den Bildern zu ihm kamen, sonder eher wegen dieser besonderen Pflanzen, die er züchtete. Als ich ihm das einmal sagte, reagierte er beleidigt und bezeichnete mich als Kunstbanausen. Egal. In diesem Moment war mein Bruder der einzige, der mir eventuell helfen konnte, meine innere Stimme zum Sprechen zu bewegen.
Nachdem ich ihm meine Situation erklärt und er aufmerksam zugehört hatte, sagte er für eine halbe Minute nichts. Er starrte nur ins Leere und zwirbelte dabei mit der rechten Hand an einer seiner zahlreichen Rasta-Locken.
(Ich musste unweigerlich an eine Studie denken, die sich mit den negativen Auswirkungen von Marihuana auf das Reaktionsvermögen beschäftigte. Nachdem ich sie ihm mal ausgedruckt mitbrachte, diente sie ihm einige Tage später als Papier für einen Joint.)
Als ich begann, mir ernsthafte Sorgen um das geistige Wohlbefinden meines Bruders zu machen, antwortete er mir schließlich doch.
Seine Worte blieben noch lange in meinem Gedächtnis kleben:
“Bruder, komm mit mir nach Panama, da wird Deine innere Stimme reden. Morgen früh geht’s los. Ach nein, doch lieber jetzt gleich, denn das Leben ist kurz.“
Ihr werdet jetzt sicher denken, dass mein Bruder völlig bescheuert ist und ich noch viel mehr. Einfach so nach Panama zu reisen, ohne Route oder einen echten Grund, nur ein Typ auf der Suche nach sich selbst und sein Bruder, dessen bloßes Aussehen schon jeden Zoll-Fahnder in Alarmbereitschaft versetzt.
Ich aber kann euch erwidern:
Endlich hatte ich ein Ziel vor Augen, abwegig zwar oder verrückt, aber es existierte, und sein Name war Panama.
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